Sonntag, 18. Mai 2014

Der Vorteil der Schwellenländer oder die wundersame Heilung des Laptop

Schon vor Jahren hatte Dottore den Entschluss gefasst, sich auch auf Reisen der modernen Medien zu bedienen. Seit dieser Zeit fotografierte oder kopierte er die lesenswerten Texte, Bilder und Karten aus Büchern, insbesondere Reiseführern und ähnlichem und speichert sie auf dem Laptop ab. Zudem hat er ihn interes­sierende Gegenden in Google Earth markiert, kann sie also wieder aufrufen, wenn – nunmehr in jeder Übernachtungsstätte in der Türkei – der Zugang zum Netz gegeben ist. Außerdem speichert er täglich die Fülle der Bilder auf dem Laptop ab, letztlich zur größeren Datensi­cherheit. Also wurde das Gerät immer wichtiger für ihn.

Dieses Jahr, ab 6.4.2014, war er mit der holden Gemahlin  wieder unterwegs, er verwertete eine Anregung seines Netzwerk­administrators und schaltete nach dem Gebrauch den PC nicht aus, sondern geleitete ihn in den „Ruhezustand“, was den Vorteil hat, dass aufgerufene Programme aktiviert bleiben. Seit geraumer Zeit nun wollte der Laptop überhaupt nicht mehr ausgehen, auf Zuklappen reagierte er nicht, sondern war nach dem Aufklappen unmittelbar zu Diensten. War das der größere Akku? Verwunderlich, aber warum nicht!

Seinem Netzwerkadministrator mailte er dies, teilte ihm aber mit, er wolle nichts ändern, die Gefahr eines „ewigen Ruhens“ nach einem brutalen Abzwacken der Energie schien ihm zu groß. Bald tat sich das nächste Hindernis auf: Nach dem Aufklappen leuchtete der Bildschirm kurz auf, danach breitete sich große Dunkelheit aus. Die sanfte Begleiterin behauptete, man könne noch sche­menhaft etwas erkennen, tatsächlich, bei einer gewissen Neigung ahnte man das Bild mehr als man es sehen konnte. Zuerst gelang es mit Anschleichen noch den Bildschirm zum Funktio­nieren zu bringen, jedoch nur ihr gelang es: sie öffnete nur einen Spalt, nach Etablierung der Programme konnte man einen Tag lang noch ihm entlocken, Bilder zu zeigen, dann war auch das nicht mehr möglich. Auch der „brutalst mögliche“ Zugriff, das Abschneiden von jeglicher Energie mit anschließendem Neustart, änderte den Zustand nicht.

Die Katastrophe war da, alle seine Pläne hatte Dottore dort gespeichert, die Turmstellen um Myra waren als Google Earth Markierungen festgehalten, Texte waren nicht zugänglich, was sollte er in den 16 Tagen nach dem Abflug der Gemahlin machen? Gutes Gedächtnis hin oder her, 200 m im Stachelginster sind eine unendlich weite Strecke. Die Gemahlin tröstete, dann fährst Du eben im Herbst nochmal hin, aber das änderte seine Trübsal nicht.

Nun hatte Dottore bei den letzten Vorträgen die Erfahrung gemacht, dass sich das Gerät ohne eine Änderung in der Software sofort an fremde Bildschirme anschloss, zumal er auch zu Hause einen zweiten Bildschirm benutze. Also war die Möglichkeit gegeben, über den Bildschirm des Hotels in Myra wenigstens an einen Teil der Daten zu gelangen. Der freundliche Hotelbesitzer – es zahlt sich eben in der Türkei aus, treu zu alten Herbergen wieder hinzurei­sen – war seiner Maschine nicht mächtig, es erschien unzumutbar, das Kabel für den Bildschirm aus dem üblichen Wust herauszulösen. Da der Hotelier etwas Deutsch spricht, erklärte Dottore ihm sein Problem. Er hat einen Freund, der sich mit elektronischen Geräten auskennt, zu dem werden wir fahren. So um 10h, er hatte seinen Sohn noch zur Schule gebracht, fuhren alle los. Es war ein einfaches Ladenlokal, in dem lediglich zwei Schreibtische mit insgesamt drei Compu­tern standen, von selbst wäre Dottore da nie hineingegangen. Beim Anschluss an einen der abgestöpselten Bildschirme war sofort alles wieder zu sehen. Zudem entdeckte der Inhaber – wie die Gemahlin zuvor – auch das Schemenhafte auf dem Bildschirm des Laptops. Seine Diag­nose, von den Leidtragenden zuvor schon mit viel Unsicherheit anvisiert, war: Die Beleuchtung des Bild­schirmes ist entzwei; er griff in das ansonsten leere Regal hinter sich und holte einen nackten Screen hervor, der der Größe nach dem des Gerätes von Dottore entsprach und zerbrochen war. Aus dem sollte der Kollege, den der Hotelbesitzer kenne, die Lampe herausnehmen und dann in diesen ein­bauen, der könnte das. Den Screen schenke er Dottore. Voller Dankbarkeit und ein wenig erfüllt mit Skepsis – der namensgebende Ort ist übrigens auch in der Türkei gelegen – machten sich alle auf den Weg zum „Kollegen“.

Der saß in einer Werkstatt, angefüllt mit dem, was heute elektronisch ist, vom Fernseher, über Gitarrenverstärker bis zum Keyboard war alles da. Er lötete gerade mit einem ganz feinen Lötkolben eine elektronische Schaltung. So, als machte er nie etwas anderes, nahm er das Gerät und die Ausführungen des Hotelbesitzers entgegen. Er wolle es versuchen, wir sollten um 15 h wiederkommen, es würde TL 70 kosten.

Der normale Mensch verfällt trotz der ihm zu Teil gewordenen Aufklärung immer dann wie­der in mythisches Denken, wenn etwas scheinbar Alltägliches nicht funktioniert und man mit vermeintlichen Tricks es doch zum Laufen bringt, man darf es dann aber nicht Aussprechen, sonst verfliegt der Zauber. Die Gemahlin und Dottore nutzten den halben Tag und sahen sich Alakilise und die Sied­lung von Harrison unterhalb an, dann kam die Rückfahrt nach Myra. Der Hunger kam ihnen gerade recht, er gewährte den Aufschub, der vielleicht auf wundersame Weise zu der Heilung des Ge­rätes führen würde. Als sie um 16 h bei dem Elektronikhandwerker erschienen, griff auch der hinter sich, klappte das Gerät auf, es leuchtete der Bildschirm wie zuvor. Auch zeigte er mir die ausgebaute Lampe, klar das war der Fehler. Damit Pantalone wegen der erneuten Türkeireise von Dottore nicht wieder Unflätiges verbreitet, wird zu seiner Besänftigung das folgende Bild der zerbrochenen Beleuchtung eingefügt.


Im Grunde genommen kann Dottore nicht dankbar genug sein, dass der Laptop in der Türkei ausgefallen ist. In Deutschland hätte er ihn allenfalls einschicken können, gegen eine verlorenen Kosten­voranschlag von € 80 hätte er erfahren, dass sich eine Reparatur nicht mehr lohnt. Wie froh konnte er nun zur Erkundung des MYRA TURRATA schreiten!

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