Mittwoch, 5. Dezember 2018

Kleine Anmerkung zum besseren Verständnis der Frankfurter Schule II







Man kann nach der Lektüre dieser Sätze eine stille Identifikation von Teddie mit einem Wombat aus dem Kopf sich nicht schlagen. Possierlich also wollte er auch sein.




Kleine Anmerkung zum besseren Verständnis der Frankfurter Schule I







Verzückt schaut Teddie auf seinen rechten Fuß. Soeben ward ihm von Siegfried Kracauer ein Kompliment gemacht, seine Füße hätten die Form der griechischen Klassik. Erfreut hält er inne und betrachtet mit hoher Achtung sich.

Mittwoch, 21. November 2018

Das ist der Unterschied!


Jeder Mensch durchläuft nach seiner Geburt eine Ausrichtung an Normen. Da sind vor allem die Normen der physischen Welt, die Naturgesetze. Das biologische Geschehen des Stoffwechsels bringt die erste Kontaktaufnahme des Säuglings hervor, hat er Hunger, dann schreit er. Einige Zeit später ist es das physikalische Phänomen der Gravitation, das in der Form der Erdanziehung hier regiert und den aufrechten Gang schon im tatsächlichen Sinne schwer macht. Bei einem Verstoß lernt das Kleinkind rasch, weil bisweilen schmerzhaft, dass es einen Reibungswiderstand gibt. Allen Naturgesetzen ist eigen, dass sie jeden Verstoß unnachgiebig ahnden, alles wird sanktioniert. Gnade gibt es nicht.

Komplizierter sind dagegen die gesellschaftlichen Normen, da sie in ihren Folgen abgestuft sind. Vorab sind es Verhaltensnormen, die dem Kind andressiert werden („das macht man nicht!“), später dann durchsetzt mit allgemeinen Gesetzen, die auch die Eltern befolgen müssen, zum Beispiel die von den Ländern erlassenen Schulpflichtgesetze. Fast immer „wächst man in die Normen herein“, ohne sie genauer zu kennen geschweige denn, sie jemals gelesen zu haben. Soziale Normen sind in den jeweiligen Gesellschaften sehr unterschiedlich, schon die körperliche Nähe zu einem anderen Menschen variiert, die Distanz ist in England erheblich größer als in den Ländern am Mittelmeer. Aber überall ist es so, dass die Menschen diejenige Normsozialisation, die sie durchlaufen haben, für das halten, was eben „normal“ ist. Es bedarf der ununterbrochenen Reflexion, um in anderen Zivilisationen nicht anzuecken.

Die Globalisierung bringt nun einiges durcheinander. Schon immer musste man sich in der Fremde gegenüber den Naturgesetzen so verhalten, wie man es gelernt hatte, aber bei den gesellschaftlich vermittelten Normen war das anders: Die bisher eigenen, antrainierten Normen musste man so weit beibehalten, wie sie nicht im Widerspruch zu denen der neuen Umgebung standen, die aber waren teilweise anders, manchmal sogar verstörend, fast immer irritierend. Langsam und mit erheblicher Vorsicht gelingt es meistens, sich in die fremde Normenlandschaft einzugewöhnen. Jedoch ist nicht nur der Wechsel des Aufenthaltsorts notwendig, um Normenkonflikte loszutreten.

Mohammed bin Salman al-Saud ist als Prinz aufgewachsen, er durfte fast alles, bei Tötung gab es ein festes Reglement, mit 500 Kamelen war fast alles wieder gut zu machen. Nun wähnte er sich im Kreise der übrigen Gewaltherrscher, muss aber feststellen, nur das Öl unter seinen Füßen bewahrt ihn vor weiterer Empörung und möglichen Sanktionen. Er wird alsbald auf der G-20 Konferenz die anderen Großkopferten fragen können, warum nicht auch er Herr über Leben und Tod anderer Menschen sein kann (deren Handlungsweise war an dieser Stelle vor kurzem in dem Post „Was ist der Unterschied?“ behandelt worden). Die werden ihm dem Sinne nach sagen, was man eben den kleinen Kindern vorhält: „Das macht man nicht!“ Im Vertrauen äußern sie dann: „Man lässt jemanden töten, aber nicht abschlachten, Dir hängen die orientalischen Eierschalen noch an der Kufiya!“ 

Tip von Dottore an den Prinzen für die Beseitigung des nächsten missliebigen Menschen:
1.      Einholung einer Fatwa, dass diese Kreatur nicht weiter leben darf.
2.      Gelinder Protest der Regierung dagegen, der Obermufti bestätigt jedoch das Urteil.
3.  Warnung an den Menschen über offizielle Kanäle, leider gäbe es in außersaudischen Ländern Hitzköpfe. Man bietet sogar eine Leibwache an.
4.   Einem nicht so sehr missliebigen Staatsbürger wird über kurzen Draht - um die Zahl der Mitwisser klein zu halten - bedeutet, dass er der Gnade der Führung wieder teilhaftig werden könne, wenn er sich an die Fähigkeiten der Assassinen erinnern und entsprechend handeln würde.
5.   Nach dem Geschehen wird dem Täter ein Lebensabend bereitet wie seinerzeit Idi Amin.

Der wirkliche Rat von Dottore sieht aber anders aus, weil er dialektisch ist: Lebenlassen, aber beobachten. Der Kritiker von heute ist der geeignete Vasall von morgen. Das ist zynisch, erspart aber Ausgrenzung, ist schlau, weil berechnend, bringt kurzfristig moralische Vorteile, langfristig größere Sicherheit. 

Aber der Bub aus Riad muss eben noch lernen!   

Mittwoch, 17. Oktober 2018

Der 45.ste Präsident


Gerne, häufig und nutzlos regen sich die Zeitungsschreiber über den gegenwärtigen Präsidenten der USA auf, immer, wenn er eine neue Unverfrorenheit absondert, dann rauscht darüber der Blätterwald; so, als habe man sonst nichts zu berichten. Dottore versteht das nicht. Der 45.ste Wahlkönig unterscheidet sich nicht marginal von seinen Vorgängern. Er ist genauso eine Charaktermaske wie alle anderen Vierundvierzig. Die Väter der amerikanischen Verfassung fürchteten eines, das hat zuletzt Noam Chomsky klar dargelegt, nichts so sehr wie eine Volksherrschaft, die den Hebel (und Fetisch zugleich) der wirklichen Herrschaft auch nur anzutasten wagen würde, das Eigentum. Die vermeintliche Ochlokratie sollte verhindert werden, doch nun ist ein reicher Ochlokrat Präsident. Die Besitzlosen sollten nie wirklich das Sagen haben, dazu wurde die Ideologie entwickelt, „jeder sei seines Glückes Schmied“, jeder sei als Siedler oder Fabrikherr berechtigt, alles andere auszubeuten, die Natur, die Indianer, die zum gläubigen Stimmvieh degradierten übrigen Mitbewohner. Dazu gesellt sich eine Vorliebe zur Durchsetzung eigener Begierden durch Gewalt, schon vor fast 70 Jahren war „The violent US“ in einem braven Englischbuch Teil der Schullektüre von Dottore. Er muss feststellen: Es hott sich nix verännert!

Betrachten wir uns die sog. Lichtgestalten in der Reihe der Vorgänger, Kennedy, Carter und Obama. Der erste installierte mit entsandten Beratungsteams den alsbald folgenden Vietnamkrieg, zudem initiierte er den folgenlosen – trotz der Teflonpfanne – Wettlauf zum Mond. Carter war eigen, drum wurde er auch nicht wiedergewählt, ein klares Bekenntnis zum Recht des Soseins der USA hat er vermieden, wenigstens Integrität muss man ihm zugestehen. Dann der verunglückte Träger des Nobelpreises: Der wurde ihm für seine vollmundigen Wahlversprechungen verliehen, aber er hat es in 2922 Tagen nicht geschafft, die rechtlose Zone von Guantanamo zu eliminieren. Nun reist er glückverheißend umher, das einzige von Interesse wäre eine Analyse nebst Geständnis, warum er gescheitert ist, gemessen an den von ihm selbst gesetzten Vorgaben. Jeder Präsident der USA hat die Aufgabe, deren Macht und Einfluss zu mehren - zwangsläufig auf Kosten anderer, wobei traditionell Wirtschaftssystem mit Herrschaftsform bemäntelt wird, statt Kapitalismus heißt es Demokratie: die Lügen haben also eine lange Tradition.

Durchgesickert ist, Dottore war früher einmal Rechtsanwalt. Wenn er dabei belogen wurde, so war das nie für ihn ein ethisches Problem, zu gut konnte er sich vorstellen, warum der jeweilige Mandant in der wirklichen oder vermeintlichen Notsituation glaubte, mit einer Veränderung der Tatsachenlage heil oder wenigstens mild geschoren davon zu kommen. Das eigentliche Problem dabei war vielmehr die Person des probeweise Belogenen, nämlich Dottore selbst, der sich hundsgemein darüber ärgerte, für so dumm gehalten zu werden, dass der Lügenbold glaubte, ihm so etwas auf die Nase binden zu können. Das ließ sich dann meistens rasch klären. Nicht so schnell jedoch minimiert sich die Eitelkeit der Journalisten, bei jeder bewussten Unrichtigkeit empören sie sich, der Dummkopf im Weißen Haus hat doch bloß nicht verstanden, dass die Macht des auf vier Jahre zum Häuptling gemachten nicht allumfassend ist, vielleicht schafft er es, dass eine Mauer gebaut wird, aber die Erde dreht sich um die Sonne, wie schon Kopernikus und Galileo feststellten. Auch damals glaubte eine Institution, die Wahrheit verändern zu können, aber: „Eppur si muove“, selbst wenn er das nicht gesagt haben soll.

Der 22. Zusatzartikel der Verfassung der USA stellt sicher, allerspätestens ab Januar 2025 wird diese Lügenbacke Geschichte sein, eine letztlich lästig-amüsante Episode der Geschichte, dafür sorgt schon das Establishment.

Dienstag, 14. August 2018

Ponte Morandi zu Genua

Heute, 14.08.2018, ist um ca. 11.30 h die über den Torrente Polcevera bei Genua führende Brücke eingestürzt, offiziell war das Bauwerk Ponte Polcevera geheißen, im Volksmund wurde es nach dem Planer Ponte Morandi genannt.

Die Berichterstattung bedient den Bedarf nach „schrecklichem Schauer“ der Leser und Betrachter, viele erinnern sich, sie benutzt zu haben, Dottore vertraute im September 2017 zuletzt diesem Bauwerk. Bild 1 (aus Bing Maps) zeigt die Brücke von oben, zwischen dem zweiten „i“ von Ventimiglia bis zum „a“ der in der Mitte sichtbaren Bezeichnung „Ponte Polcevera“ ist sie nicht mehr.


In Google Earth kann man das Ganze näher sehen, der rot markierte Teil ist abgestürzt. Nach dem in der erwähnten Erdbetrachtung vorgegebenen Maß sind es ungefähr 230 m.


Nimmt man aus Wikipedia das Foto des Bauwerks, so erkennt man, dass der rot markierte Teil sich links und rechts des Pfeilers erstreckt, der in der Mitte des ungefähr 950 m breiten Tales liegt.


Den gleichen , nunmehr nicht mehr vorhandenen Abschnitt der Brücke ist auch auf dem vierten Bild zu sehen, deutlich stellen sich die einzelnen Sektionen der Brücke dar:


Über den Grundpfeilern, gleich, ob sie breit für einen Pylon ausgebaut sind, oder nur relativ schmal für einen reinen Stützpfeiler, ist der eigentliche Brückenkörper jeweils von größerer Stärke. Dagegen sind die Zwischenstücke, die dazwischen gehängt sind, etwas geringer in der Höhendimension, wie auf dem folgenden Bild farbig dargestellt.


Der in der Talmitte stehende Pylonpfeiler ist also eingestürzt, was zur Folge hatte, dass die auf dem entsprechenden Brückenteil aufliegenden, eingehängten Teile links und rechts ebenfalls hinabstürzten. In den Printmedien wurde bislang nur erwähnt, dass die Brücke ein Tal quere und dabei über Gleisanlagen und Straßen leite. Das ist unvollständig. In der Mitte des Tales fließt der namensgebende Fluss Polcevera. Er wird als Torrente bezeichnet, aber was ist ein Torrente?

Solche Flüsse gibt es im gesamten Mittelmeerbereich, bei uns heißen sie (meist in den Alpen gelegen) Sturzbäche. Bei heftigem Regen können sie ungeheuer anschwellen, weswegen ihnen auch meistens ein breites Flussbett spendiert wird, um eben Überschwemmungen zu vermeiden. Ansonsten rieseln sie harmlos vor sich hin, man ist geneigt, besonders im Sommer an der Vernunft derjenigen zu zweifeln, die solch breite Flussbetten aufrecht erhalten. Der Torrente hat aber noch einen Zwilling, nicht immer, aber öfters: das ist der Fluss mit fast identischem Verlauf wie an der Oberfläche, jedoch in erheblicher Tiefe. Das rührt daher, dass der Torrente meist loses Gestein, Sand und Kiesel, also wenig bindige Erde, bei den Sturzfluten mit sich geführt hatte, die nun teilweise tief im Flussbett unten ruhen. Also versickert das Oberflächenwasser leicht und ein unterirdischer Fluss fließt unerkannt, auch im Sommer, wenn oben alles ausgetrocknet erscheint. Solche unterirdischen Flüsse münden dann ins Meer, man erkennt dort den Wasseraustritt an dem kälteren Wasser und den umgebenden Schlieren, die sich ob der unterschiedlichen Salinität ergeben. Berücksichtigt man noch, dass das Mittelmeer in geologisch betrachtet jüngerer Vergangenheit eine erheblich tiefere Wasseroberfläche hatte, so ist nur zu leicht anzunehmen, dass der Torrente Polcevera sich im Laufe der Erdgeschichte ein sehr tiefes Flusstal geschaffen hat.


Verwunderlich ist das „Abkippen“ der Ruine des mittleren Pfeilers, der während des Einsturzes oder kurz davor eine Schrägbewegung gemacht haben muss. Die Oberstudienratszeitung „Die Zeit“ zeigt als einzige dieses Bild. Der Pfeiler hat sich offenbar nach Osten abgesenkt. Bemerkenswert wenig Baustahl ragt aus den Betonteilen.

Dottore ist weder Statiker, noch Bodenkundler, noch Prophet, aber er ist rechthaberisch. Eine leidige Eigenschaft, bei der es eben dem richtigen Rechthaber darauf ankommt, auch recht zu behalten, wobei dies nicht durch Negation des Widerspruches geschehen kann. Gleichwohl wagt er schon heute eine Prognose über die Einsturzursache: Der in der Talmitte stehende Pfeiler ist nicht ausreichend gegründet worden, nach langer Standzeit im Tiefengeröll gab sein Fundament nach. Dabei mag mitgewirkt haben – das kann man in diesem südlichen Land nie ausschließen –, dass auf wundersame Weise der Beton nicht ausreichend bewehrt worden ist, obwohl die Pläne dies vorschrieben. Baustahl ist teuer und begehrt, süditalienische Organisationen können auch in Genua die Hand aufgehalten haben. Ob dann offiziell das „Betonkriechen“ für die Ursache angegeben wird, wäre denkbar, ist aber doch zu oberflächlich.


Zu den neudeutschen Moralvorstellungen gehört es, „Gaffer“ zu verachten. Dabei werden wir ununterbrochen mit Ereignissen konfrontiert, die sich irgendwo in der Welt ereignen, unabhängig davon, ob sie irgendeinen Einfluss auf unser Leben haben oder nicht. Als Dottore vor Jahrzehnten eine Journalistin anhimmelte, da versuchte er ihr die Fragwürdigkeit der übermittelten Tatsachen damit zu erklären, dass alle vier Wochen ein Bus in Südamerika in eine Schlucht stürzt, die Presseagenturen uns damit pflichtschuldigst behelligen. Sie glaubte es nicht, aber dann schickte sie in regelmäßigen Abständen jeweils ein Fax mit der entsprechenden Meldung. Trotz richtiger Einschätzung wurde Dottore nicht erhört, sei´s drum.

Festzuhalten bleibt aber, dass wir in einer Welt leben, an der wir unsere Wahrnehmungen nicht unmittelbar anstellen, sondern immer mehr durch Mittel, eben Medien, kanalisiert werden. Ist es angesichts der Unmittelbarkeit des Geschehens nicht ein geradezu emanzipatorischer Akt, sich selbst nun ein Bild von den Sachen zu machen, die nun endlich vor dem eigenen Auge ablaufen? Es festhalten zu wollen, ist wiederum nur ein Akt der Vermittlung des Grauens, gar den Zutritt oder die Zufahrt Helfender zu behindern, krass verwerflich. Und so schauen sie denn zu, unsere südlichen Nachbarn. Ob auch die italienische Polizei diese Gaffer verscheucht?

Freitag, 23. März 2018

Faschistischer Löffel u.a.


Einer der ersten, prominenteren  Gäste im Spätherbst 1989 in der DDR war der immerblonde Barde Heino. Als Dottore damals in der Zeitung las, schwante ihm Übles, denn wenn dort ein Konzert mit Jemandem begehrt war, der bislang nicht hatte erkennen lassen, dass ihm aufrechter Gang wichtig ist, dann haben wir kein Schnäppchen gemacht, sondern uns Probleme eingehandelt. Nun wäre es falsch, Heino aufgrund seines Sangesgutes in die Nähe des Faschismus zu stellen, aber von völkischem Gedanken- oder Liedergut haben wir für lange Zeit genug, zu laut und zu dreist wurde es in Paris und Smolensk, in Bergen und in Tobruk gesungen.

Nennen wir einmal das Maß der Erscheinung, faschistisch zu denken, gar zu handeln, Faschiszität, so ist nicht jede Äußerung, jede Handlung, die zwischen 1933 und 1945 geschahen, eo ipso von Faschiszität geprägt, so einfach ist das nicht. Es gilt, das spezifisch Faschistische daran aufzuspüren, zu analysieren und dann ggf. zu unterlassen. In Zeiten grober Etikettierung ist solch diffiziles Unterfangen nicht gefragt. Um zu zeigen, dass schwarzbraune Haselnüsse von Faschiszität nicht erfüllt sind, sei ein absurdes Beispiel gezeigt:

Wir sehen hier den am 30. Januar 1933 an die Macht Gekommenen, wie er in Begleitung von Offizieren der Wehrmacht Suppe isst, ein fast banales Bild, hätte die essende Person sich nicht als einer der größten Verbrecher der bisherigen Geschichte erwiesen.  
Nun könnte man zur jeweiligen Alltäglichkeit des jeweiligen Lesers übergehen, betrachten wir uns vorher aber noch das Werkzeug dieser Kreatur:
Die rote Markierung macht es einfach, Löffel sind faschistisch, sie sind von starker Faschiszität. Aber nicht nur das, auch mindestens ein weiterer Gegenstand verfällt der Feme der tapferen Antifaschisten, der Teller, zur Erhellung für noch Zweifelnde, blau eingefärbt. 
 Dottore hatte vor mehreren Jahren von der Nähsiklinke berichtet, er ist umgezogen, zu belastend war der Druck auf die unseligen Handgriffe  beim Öffnen und Schließen der Zimmertüren. Alle zwischen 1933 und 1945 von Bach gespielten Werke sind wohl nach wie vor mit dem Faschiszitätsmaß 0,00 zu bewerten, die Haselnuss, wiewohl europaweit herumgebrüllt, dürfte ähnlich eingestuft werden, wenngleich sie von der Abteilung der Bundeswehr, die am 14. Juli über die Champs Elyseés mitmarschieren darf, tunlich nicht gesungen werden sollte. Natürlich spricht Dottore pro domo, ist er doch gerade noch vor Beginn des Krieges geboren worden, verfiele nach der Primitivwertung der Gegenwart allzu leicht dem Verdikt der Faschiszität. Die Umkehr der blöden „Gnade der späten Geburt“ ist die grassierende „Verdammnis der früheren Benutzung“, bekanntlich kann man genauso auf den Hinterkopf wie auf die Schnauze fallen. Weder Löffel noch Lieder können sich wehren, wachsam der AfD zu widerstehen ist mühseliger denn plumpes Diffamieren.

Donnerstag, 15. März 2018

Was ist der Unterschied?

In einem Land beschließt der Präsident auf Vorschlag von ihm zuarbeitenden Geheimdiensten einen Menschen ohne Gerichtsverfahren töten zu lassen. Nun gibt es Unterschiede:
                                                       
                                                    Land A                                                Land B

Ort der Tötung                       Arabische Wüste                                Salisbury

Art der Tötung                       Drohnenüberfall                                 Attentat

Opfer                             Zum Terroristen erklärt                  Ehem. Geheimdienstler

Nationalität                          Fremde Nationalität                         Früher eigene

Tatwaffe                                Sprengstoff                                         Nervengas

Aufmerksamkeit                   Gering                                                 Riesig
der Presse


Im 19. Jahrhundert haben sich Männer um Frauen gestritten, auch mit Waffen. War ein Ritual eingehalten und die Waffe langstielig, dann war es ein Ehrenhändel, war die Waffe kurz, dann war es eine Messerstecherei. Die Betrachtung der Tötung eines Menschen hängt davon ab, wer wen wie warum umbringen lässt. Veranlasst das ein Präsident des Landes A, dann wird das von der Bundeskanzlerin begrüßt wie im Falle Bin Laden. Macht dies ein östlicher Untermensch, das ist das ein verabscheuungswürdiges Verbrechen.

Dottore ist zu simpel, es ist für ihn völlig unerheblich, ob der Mörder zuvor Nobelpreisträger oder Geheimdienstmitarbeiter mit Deutschkenntnissen war, Mord ist Mord.  




Freitag, 12. Januar 2018

Sebah (22) und Aydin/Tralleis

Immer, wenn Pantalone genug Bilder von Sebah einer bekannten Stätte gesammelt und bearbeitet hatte, dann drängte er Dottore, darüber einen Post zu verfassen. Nun ist er auf die Idee verfallen, auch des Meisters Bilder von Aydin - dem antiken Tralleis nahe gelegen - zu präsentieren, muss also über diese Stadt ein Post geschrieben werden? Der interne Frieden ist maßgeblich, Dottore verbindet mit Aydin keine hehren Erinnerungen. Einen Tag lang musste das gesamte Team jeweils auf der Innenbehörde rumlungern, nur um eine schon grundsätzlich erteilte Arbeitserlaubnis zu erlangen, keiner durfte fehlen, obwohl immer nur der Chef tätig war. Bürokratie osmanischer Tradition ist eben reine Herrschaftsausübung, die will und muss gepflegt werden. Der Begriff Schikane ist dafür viel zu oberflächlich.


Und dann fängt das Sammelsurium auch noch mit einem Bahnhofsbild an! Was allerdings Athen recht ist, muss auch Aydin billig sein. Dabei ist der Bahnhof damals nicht uninteressant gewesen. Herkömmlicherweise gibt es zwei Arten von Bahnhöfen, Kopfbahnhöfe und Durchfahrtsbahnhöfe, in Aydin stand eine dritte Art, eine Mischform: Die Strecke schien in einem Sackbahnhof zu enden, aber vorher schlängelte sich nach Norden ein Durchgangsgleis ab, es ist gleichsam ein Blinddarmbahnhof (hier sind präzisere anatomische Kenntnisse zum Verständnis nötig, man muss nämlich zwischen Blinddarm und Wurmfortsatz unterscheiden können). Heute, insbesondere nach der umfassenden Renovierung der Gesamtstrecke, ist er ein schlichter Durchgangsbahnhof geworden, das Gleis in Richtung Denizli verschwindet anschließend in einem tünel. Rechts auf dem Bild, also südlich, steht heute wie damals die Bey-Cami.


Was hat Pascal Sebah nur dazu getrieben, diese zerzausten Pappeln nebst Mauern und Ölbäumen abzubilden? Es gibt wenig unbedeutendere Bilder von ihm. Dabei war Aydin zu seiner Zeit berühmt für die dort reifenden Feigen, die er aber nicht abbildete. Nördlich von Izmir liegt das Tal des Hermos, in dem der Anbau von Weinstöcken überall anzutreffen ist, aber nicht zur Erschaffung eines Getränkes, das Allah nicht so gerne sieht, sondern um die länglichen Weintrauben zu Sultaninen trocknen zu lassen. Weiter südlich fließt der Mäander zur Ägäis hin, dort blühte der Feigenanbau. In beide Regionen wurden Eisenbahnlinien gebaut, die den Abtransport der levantinischen Waren ermöglichten.


Aydin liegt am Nordrand des Mäandertales zu Füßen eines Gebirges, das in der Antike Mesogis genannt wurde. Traut man den geologischen Karten, so bestehen der nördliche und der südliche Rand des Mäandergrabens aus dem gleichen Gestein, der Fluss hat das Tal nicht geschaffen, sondern den vorhandenen Graben nur nutzen können. Beide Gebirgsketten unterscheiden sich aber erheblich, während die südliche relativ stabil ist, kann sich das Mesogisgebirge der Verwitterung kaum widersetzen. Große Schuttfächer bauen die verschiedenen Wasserläufe in das Mäandertal auf. Diese bestehen aus Gesteinsbrocken des Gebirges, das dann auch noch kalkhaltige Oberflächenströme versendet. Dadurch verfestigen sich diese Schuttfächer, aber erneute Regenfälle reißen dann wieder tiefe Schluchten in die nicht allzu fest durchgesinterte Erde. Hier ist der Tschinar (Cinar) Dere tätig mit der Vertiefung der Schlucht in Richtung Aydin.



Sebah hat diese Bilder nicht mit A,B, C bezeichnet, aber bei der Gewinnung des Panoramas wurden alle drei Bilder verwendet.


Die geomorphologischen Ergebnisse sind erstaunlich, wenn man sie auch noch auf der Sohle durchschreitet, an den Flanken des Ravines, auf deutsch wohl am besten mit Tobel übersetzt, sieht man zuerst die bei jeder frühen Flut aus den Bergen abgelagerten Schichten, die dickeren Kiesel meist oben, das alles kann man aber nur erblicken, weil die neuzeitlichen Sturzbäche den Boden wieder mit scharfer Kante weggerissen haben. Auch Sebah widmete daher drei Bilder diesen Naturgeschehen bzw. deren Ergebnissen. Über die Brücke auf dem einen Bild führte wohl die Zuleitung für eine Wassermühle, mit denen die Griechen das westliche Kleinasien im 19. Jahrhundert überzogen.   


 


Als der Photograph aus Konstantinopel diese Bilder machte, da brodelte es allenfalls unter der Bevölkerung des osmanischen Reiches, der erstarkende Nationalismus fand seine Primitivnahrung in dem rasch anwachsenden Reichtum der dort ansässigen Mitbürger griechischer Herkunft und Sprache. Die Städte waren geteilt in Muslim- und Giaurviertel. Die Zypresse deutet mit ihrer Spitze fast auf den Kuppelbau einer orthodoxen Kirche, die vermutlich im Viertel der Griechen stand.


Die nächsten beiden Bilder zeigen viele Minaretts, da wohnten also die türkischstämmigen Bürger des Osmanischen Reiches.


Der türkische Nationalismus entlud sich zuerst an den armenischen Mitbürgern, verstärkt seit es die jungtürkische Bewegung gab. Dann übertrug sich diese Xenophobie auch auf andere Christen, der Krimkrieg hatte sich an der Forderung des Russischen Zarenreiches entzündet, die Schutzmacht für alle Christen im Osmanischen Reich zu werden, zwar ein vorgeschobenes Ziel für Machtpolitik, aber einen Anlass dazu gab es eben. Zu einem gegenseitigen Abschlachten im Ausmaße der Kämpfe und Kriege im ehemaligen Jugoslawien kam es allerdings in Aydin erst, nachdem die Griechen völkerrechtswidrig am 15. Mai 1919 in Smyrna gelandet waren. Die Gemeinschaft der Nationalitäten war endgültig zerrüttet, kein Politiker konnte danach den Schutz der jeweiligen Minderheit gewährleisten, zu oft und zu intensiv waren die Animositäten zuvor politisch ausgenutzt worden.


Politisch Lied – garstig Lied? ! Wenden wir uns lieber der weiter entfernt liegenden Vergangenheit zu, da sind dann weniger Identifikationen vorhanden, die das Feststellen von Geschichte und ihre Betrachtung so schwierig machen. Die Griechen und Römer waren schlauer als die Bewohner Aydins ab dem 17. Jahrhundert, sie bauten ihre Stadt Tralleis nicht in der fruchtbaren Ebene, sondern auf dem Schuttfächer. Davon zeugt – weithin sichtbar – die Ruine eines Gebäudes, das wohl ein Gymnasion oder eine Therme war; in solch langer Standzeit kann der Bau auch seine Funktion gewechselt haben. Der Ansatz zu einem hohen und vermutlich weiten Bogen ist nicht zu übersehen.


Schon Humann monierte den sorglos errichteten Bau, in den schon Spolien vergangener Bauten eingebracht wurden. Auch sieht die Talseite sehr viel uninteressanter aus, dafür stehen dort aber spektakulär anzuschauende Olivenbäume.


Unbedacht äußerte Dottore den etwas niedlichen Gedanken, der Olivenbaum auf dem Bild von Sebah könnte mit dem auf dem neuzeitlichen Foto identisch sein. Hätte er das bloß nicht gesagt! Pantalone zeigte ihm minutenlang empört seine Bilder und bewies eindeutig und langatmig, die abgebildeten Bäume können nicht die gleichen sein, es gibt dort eine relativ neuzeitliche Anpflanzung von Olivenbäumen.


Allerdings – das muss hier doch betont werden – beließ Pantalone Dottore nicht in der Trauer über den Verlust seiner angenehmen Vermutung, sondern heiterte ihn mit dem Bild eines nun wirklich alten Olivenbaumes auf der ehemaligen Stadtfläche von Tralleis auf, der daher hier auch gezeigt sein soll.


Der Abschied von der Antike geschieht durch ein Bild, das das Ausmaß der antiken Bauwerkes erahnen lässt, die Selbstdarstellung des Römischen Reiches erforderte solche Dimensionen.


Als Wulff 1903 die Koimesiskirche in Nicäa darstellte und analysierte, da kam er nicht umhin, zwei byzantinische Bauten zu erwähnen und deren Zeichnungen wiederzugeben (Seite 99), die schon Sebah 13 Jahre zuvor abgelichtet hatte. Das erste Bild zeigt offenbar die Apsis einer großen Kirche, deren Boden mehr als drei Meter unter dem zwischenzeitlichen Schutt verborgen war.


Das nächste und letzte Bild lässt einen Rundbau erkennen, dessen Außenwand durch Nischen gegliedert ist, Erinnerungen an den Nischenrundbau im Lausospalast zu Konstantinopel lassen sich nicht verscheuchen. Fraglich ist nur, was stand in den Nischen, etwa der Knabe aus Tralleis?  Seine scheinbare Lieblichkeit wird durch den doch recht brutalen Gesichtsausdruck im Zaume gehalten, ähnliches bewirken die groben Hände beim David von Michelangelo. Musste ein Liebling eben insoweit hart und männlich sein?



Der Knabe von Tralleis steht in Istanbul, die von Sebah aufgenommenen Landschaften und Gebäude sind in Aydin verblieben, allerdings wird die Statue nicht in dem Nischenrundbau gestanden haben, denn der Knabe ist erst 1902 gefunden worden, aber in Konstantinopel kann man sich die Nischen mit berühmten Bildwerken versehen vorstellen. Gleichwohl ist ein Besuch in Tralleis die Reise wert, es gibt noch ein aus opus caementitium errichtetes Theater, davor quer ein Stadion, einen eigenartigen Grabbau und weit nach Norden Wasserleitungen, die damals tief in der Erde steckten, heute bisweilen freigewaschen (und daher sichtbar) sind.