Man kann nach der Lektüre dieser Sätze eine stille
Identifikation von Teddie mit einem Wombat aus dem Kopf sich nicht schlagen.
Possierlich also wollte er auch sein.
Mittwoch, 5. Dezember 2018
Kleine Anmerkung zum besseren Verständnis der Frankfurter Schule I
Verzückt schaut Teddie auf seinen rechten Fuß. Soeben
ward ihm von Siegfried Kracauer ein Kompliment gemacht, seine Füße hätten die Form der
griechischen Klassik. Erfreut hält er inne und betrachtet mit hoher Achtung
sich.
Mittwoch, 21. November 2018
Das ist der Unterschied!
Jeder Mensch durchläuft nach seiner Geburt eine
Ausrichtung an Normen. Da sind vor allem die Normen der physischen Welt, die
Naturgesetze. Das biologische Geschehen des Stoffwechsels bringt die erste
Kontaktaufnahme des Säuglings hervor, hat er Hunger, dann schreit er. Einige
Zeit später ist es das physikalische Phänomen der Gravitation, das in der Form
der Erdanziehung hier regiert und den aufrechten Gang schon im tatsächlichen
Sinne schwer macht. Bei einem Verstoß lernt das Kleinkind rasch, weil bisweilen
schmerzhaft, dass es einen Reibungswiderstand gibt. Allen Naturgesetzen ist
eigen, dass sie jeden Verstoß unnachgiebig ahnden, alles wird sanktioniert. Gnade
gibt es nicht.
Komplizierter sind dagegen die gesellschaftlichen
Normen, da sie in ihren Folgen abgestuft sind. Vorab sind es Verhaltensnormen,
die dem Kind andressiert werden („das macht man nicht!“), später dann
durchsetzt mit allgemeinen Gesetzen, die auch die Eltern befolgen müssen, zum
Beispiel die von den Ländern erlassenen Schulpflichtgesetze. Fast immer „wächst
man in die Normen herein“, ohne sie genauer zu kennen geschweige denn, sie
jemals gelesen zu haben. Soziale Normen sind in den jeweiligen Gesellschaften
sehr unterschiedlich, schon die körperliche Nähe zu einem anderen Menschen
variiert, die Distanz ist in England erheblich größer als in den Ländern am
Mittelmeer. Aber überall ist es so, dass die Menschen diejenige
Normsozialisation, die sie durchlaufen haben, für das halten, was eben „normal“
ist. Es bedarf der ununterbrochenen Reflexion, um in anderen Zivilisationen
nicht anzuecken.
Die Globalisierung bringt nun einiges durcheinander.
Schon immer musste man sich in der Fremde gegenüber den Naturgesetzen so
verhalten, wie man es gelernt hatte, aber bei den gesellschaftlich vermittelten
Normen war das anders: Die bisher eigenen, antrainierten Normen musste man so
weit beibehalten, wie sie nicht im Widerspruch zu denen der neuen Umgebung standen,
die aber waren teilweise anders, manchmal sogar verstörend, fast immer
irritierend. Langsam und mit erheblicher Vorsicht gelingt es meistens, sich in die
fremde Normenlandschaft einzugewöhnen. Jedoch ist nicht nur der Wechsel des
Aufenthaltsorts notwendig, um Normenkonflikte loszutreten.
Mohammed bin Salman al-Saud ist als Prinz
aufgewachsen, er durfte fast alles, bei Tötung gab es ein festes Reglement, mit
500 Kamelen war fast alles wieder gut zu machen. Nun wähnte er sich im Kreise
der übrigen Gewaltherrscher, muss aber feststellen, nur das Öl unter seinen
Füßen bewahrt ihn vor weiterer Empörung und möglichen Sanktionen. Er wird
alsbald auf der G-20 Konferenz die anderen Großkopferten fragen können, warum
nicht auch er Herr über Leben und Tod anderer Menschen sein kann (deren
Handlungsweise war an dieser Stelle vor kurzem in dem Post „Was ist der
Unterschied?“ behandelt worden). Die werden ihm dem Sinne nach sagen, was man
eben den kleinen Kindern vorhält: „Das macht man nicht!“ Im Vertrauen äußern
sie dann: „Man lässt jemanden töten, aber nicht abschlachten, Dir hängen die
orientalischen Eierschalen noch an der Kufiya!“
Tip von Dottore an den Prinzen für die Beseitigung
des nächsten missliebigen Menschen:
1. Einholung
einer Fatwa, dass diese Kreatur nicht weiter leben darf.
2. Gelinder
Protest der Regierung dagegen, der Obermufti bestätigt jedoch das Urteil.
3. Warnung
an den Menschen über offizielle Kanäle, leider gäbe es in außersaudischen
Ländern Hitzköpfe. Man bietet sogar eine Leibwache an.
4. Einem
nicht so sehr missliebigen Staatsbürger wird über kurzen Draht - um die Zahl der
Mitwisser klein zu halten - bedeutet, dass er der Gnade der Führung wieder
teilhaftig werden könne, wenn er sich an die Fähigkeiten der Assassinen
erinnern und entsprechend handeln würde.
5. Nach
dem Geschehen wird dem Täter ein Lebensabend bereitet wie seinerzeit Idi Amin.
Der wirkliche Rat von Dottore sieht aber anders aus,
weil er dialektisch ist: Lebenlassen, aber beobachten. Der Kritiker von heute
ist der geeignete Vasall von morgen. Das ist zynisch, erspart aber Ausgrenzung,
ist schlau, weil berechnend, bringt kurzfristig moralische Vorteile,
langfristig größere Sicherheit.
Aber der Bub aus Riad muss eben noch lernen!
Mittwoch, 17. Oktober 2018
Der 45.ste Präsident
Gerne, häufig und
nutzlos regen sich die Zeitungsschreiber über den gegenwärtigen Präsidenten der
USA auf, immer, wenn er eine neue Unverfrorenheit absondert, dann rauscht darüber
der Blätterwald; so, als habe man sonst nichts zu berichten. Dottore versteht
das nicht. Der 45.ste Wahlkönig unterscheidet sich nicht marginal von seinen
Vorgängern. Er ist genauso eine Charaktermaske wie alle anderen Vierundvierzig.
Die Väter der amerikanischen Verfassung fürchteten eines, das hat zuletzt Noam
Chomsky klar dargelegt, nichts so sehr wie eine Volksherrschaft, die den Hebel (und
Fetisch zugleich) der wirklichen Herrschaft auch nur anzutasten wagen würde,
das Eigentum. Die vermeintliche Ochlokratie sollte verhindert werden, doch nun
ist ein reicher Ochlokrat Präsident. Die Besitzlosen sollten nie wirklich das
Sagen haben, dazu wurde die Ideologie entwickelt, „jeder sei seines Glückes
Schmied“, jeder sei als Siedler oder Fabrikherr berechtigt, alles andere
auszubeuten, die Natur, die Indianer, die zum gläubigen Stimmvieh degradierten
übrigen Mitbewohner. Dazu gesellt sich eine Vorliebe zur Durchsetzung eigener
Begierden durch Gewalt, schon vor fast 70 Jahren war „The violent US“ in einem
braven Englischbuch Teil der Schullektüre von Dottore. Er muss feststellen: Es
hott sich nix verännert!
Betrachten wir uns die
sog. Lichtgestalten in der Reihe der Vorgänger, Kennedy, Carter und Obama. Der
erste installierte mit entsandten Beratungsteams den alsbald folgenden Vietnamkrieg, zudem
initiierte er den folgenlosen – trotz der Teflonpfanne – Wettlauf zum Mond.
Carter war eigen, drum wurde er auch nicht wiedergewählt, ein klares Bekenntnis
zum Recht des Soseins der USA hat er vermieden, wenigstens Integrität muss man
ihm zugestehen. Dann der verunglückte Träger des Nobelpreises: Der wurde ihm für seine
vollmundigen Wahlversprechungen verliehen, aber er hat es in 2922 Tagen nicht
geschafft, die rechtlose Zone von Guantanamo zu eliminieren. Nun reist er glückverheißend
umher, das einzige von Interesse wäre eine Analyse nebst Geständnis, warum er
gescheitert ist, gemessen an den von ihm selbst gesetzten Vorgaben. Jeder Präsident
der USA hat die Aufgabe, deren Macht und Einfluss zu mehren - zwangsläufig auf Kosten anderer, wobei traditionell
Wirtschaftssystem mit Herrschaftsform bemäntelt wird, statt Kapitalismus heißt
es Demokratie: die Lügen haben also eine lange Tradition.
Durchgesickert ist,
Dottore war früher einmal Rechtsanwalt. Wenn er dabei belogen wurde, so war das
nie für ihn ein ethisches Problem, zu gut konnte er sich vorstellen, warum der
jeweilige Mandant in der wirklichen oder vermeintlichen Notsituation glaubte,
mit einer Veränderung der Tatsachenlage heil oder wenigstens mild geschoren
davon zu kommen. Das eigentliche Problem dabei war vielmehr die Person des probeweise
Belogenen, nämlich Dottore selbst, der sich hundsgemein darüber ärgerte, für so
dumm gehalten zu werden, dass der Lügenbold glaubte, ihm so etwas auf die Nase
binden zu können. Das ließ sich dann meistens rasch klären. Nicht so schnell
jedoch minimiert sich die Eitelkeit der Journalisten, bei jeder bewussten
Unrichtigkeit empören sie sich, der Dummkopf im Weißen Haus hat doch bloß nicht
verstanden, dass die Macht des auf vier Jahre zum Häuptling gemachten nicht
allumfassend ist, vielleicht schafft er es, dass eine Mauer gebaut wird, aber
die Erde dreht sich um die Sonne, wie schon Kopernikus und Galileo
feststellten. Auch damals glaubte eine Institution, die Wahrheit verändern zu
können, aber: „Eppur si muove“,
selbst wenn er das nicht gesagt haben soll.
Der 22. Zusatzartikel der Verfassung der USA stellt sicher,
allerspätestens ab Januar 2025 wird diese Lügenbacke Geschichte sein, eine letztlich
lästig-amüsante Episode der Geschichte, dafür sorgt schon das Establishment.
Dienstag, 14. August 2018
Ponte Morandi zu Genua
Die Berichterstattung bedient den Bedarf nach
„schrecklichem Schauer“ der Leser und Betrachter, viele erinnern sich, sie
benutzt zu haben, Dottore vertraute im September 2017 zuletzt diesem Bauwerk.
Bild 1 (aus Bing Maps) zeigt die Brücke von oben, zwischen dem zweiten „i“ von
Ventimiglia bis zum „a“ der in der Mitte sichtbaren Bezeichnung „Ponte
Polcevera“ ist sie nicht mehr.
In Google Earth kann man das Ganze näher sehen, der
rot markierte Teil ist abgestürzt. Nach dem in der erwähnten Erdbetrachtung vorgegebenen
Maß sind es ungefähr 230 m.
Nimmt man aus Wikipedia das Foto des Bauwerks, so
erkennt man, dass der rot markierte Teil sich links und rechts des Pfeilers
erstreckt, der in der Mitte des ungefähr 950 m breiten Tales liegt.
Den gleichen , nunmehr nicht mehr vorhandenen
Abschnitt der Brücke ist auch auf dem vierten Bild zu sehen, deutlich stellen
sich die einzelnen Sektionen der Brücke dar:
Über den Grundpfeilern, gleich, ob sie breit für
einen Pylon ausgebaut sind, oder nur relativ schmal für einen reinen
Stützpfeiler, ist der eigentliche Brückenkörper jeweils von größerer Stärke.
Dagegen sind die Zwischenstücke, die dazwischen gehängt sind, etwas geringer in
der Höhendimension, wie auf dem folgenden Bild farbig dargestellt.
Der in der Talmitte stehende Pylonpfeiler ist also
eingestürzt, was zur Folge hatte, dass die auf dem entsprechenden Brückenteil
aufliegenden, eingehängten Teile links und rechts ebenfalls hinabstürzten. In
den Printmedien wurde bislang nur erwähnt, dass die Brücke ein Tal quere und
dabei über Gleisanlagen und Straßen leite. Das ist unvollständig. In der Mitte
des Tales fließt der namensgebende Fluss Polcevera. Er wird als Torrente
bezeichnet, aber was ist ein Torrente?
Solche Flüsse gibt es im gesamten Mittelmeerbereich,
bei uns heißen sie (meist in den Alpen gelegen) Sturzbäche. Bei heftigem Regen
können sie ungeheuer anschwellen, weswegen ihnen auch meistens ein breites
Flussbett spendiert wird, um eben Überschwemmungen zu vermeiden. Ansonsten
rieseln sie harmlos vor sich hin, man ist geneigt, besonders im Sommer an der
Vernunft derjenigen zu zweifeln, die solch breite Flussbetten aufrecht
erhalten. Der Torrente hat aber noch einen Zwilling, nicht immer, aber öfters:
das ist der Fluss mit fast identischem Verlauf wie an der Oberfläche, jedoch in
erheblicher Tiefe. Das rührt daher, dass der Torrente meist loses Gestein, Sand
und Kiesel, also wenig bindige Erde, bei den Sturzfluten mit sich geführt
hatte, die nun teilweise tief im Flussbett unten ruhen. Also versickert das Oberflächenwasser
leicht und ein unterirdischer Fluss fließt unerkannt, auch im Sommer, wenn oben alles
ausgetrocknet erscheint. Solche unterirdischen Flüsse münden dann ins Meer, man
erkennt dort den Wasseraustritt an dem kälteren Wasser und den umgebenden Schlieren,
die sich ob der unterschiedlichen Salinität ergeben. Berücksichtigt man noch,
dass das Mittelmeer in geologisch betrachtet jüngerer Vergangenheit eine
erheblich tiefere Wasseroberfläche hatte, so ist nur zu leicht anzunehmen, dass
der Torrente Polcevera sich im Laufe der Erdgeschichte ein sehr tiefes Flusstal
geschaffen hat.
Verwunderlich ist das „Abkippen“ der Ruine des
mittleren Pfeilers, der während des Einsturzes oder kurz davor eine
Schrägbewegung gemacht haben muss. Die Oberstudienratszeitung „Die Zeit“ zeigt
als einzige dieses Bild. Der Pfeiler hat sich offenbar nach Osten abgesenkt.
Bemerkenswert wenig Baustahl ragt aus den Betonteilen.
Dottore ist weder Statiker, noch Bodenkundler, noch
Prophet, aber er ist rechthaberisch. Eine leidige Eigenschaft, bei der es eben dem
richtigen Rechthaber darauf ankommt, auch recht zu behalten, wobei dies nicht
durch Negation des Widerspruches geschehen kann. Gleichwohl wagt er schon heute
eine Prognose über die Einsturzursache: Der in der Talmitte stehende Pfeiler
ist nicht ausreichend gegründet worden, nach langer Standzeit im Tiefengeröll
gab sein Fundament nach. Dabei mag mitgewirkt haben – das kann man in diesem
südlichen Land nie ausschließen –, dass auf wundersame Weise der Beton nicht
ausreichend bewehrt worden ist, obwohl die Pläne dies vorschrieben. Baustahl
ist teuer und begehrt, süditalienische Organisationen können auch in Genua die
Hand aufgehalten haben. Ob dann offiziell das „Betonkriechen“ für die Ursache
angegeben wird, wäre denkbar, ist aber doch zu oberflächlich.
Festzuhalten bleibt aber, dass wir in einer Welt
leben, an der wir unsere Wahrnehmungen nicht unmittelbar anstellen, sondern immer
mehr durch Mittel, eben Medien, kanalisiert werden. Ist es angesichts der
Unmittelbarkeit des Geschehens nicht ein geradezu emanzipatorischer Akt, sich
selbst nun ein Bild von den Sachen zu machen, die nun endlich vor dem eigenen
Auge ablaufen? Es festhalten zu wollen, ist wiederum nur ein Akt der Vermittlung
des Grauens, gar den Zutritt oder die Zufahrt Helfender zu behindern, krass
verwerflich. Und so schauen sie denn zu, unsere südlichen Nachbarn. Ob auch die
italienische Polizei diese Gaffer verscheucht?
Freitag, 23. März 2018
Faschistischer Löffel u.a.
Einer der ersten, prominenteren Gäste im Spätherbst 1989 in der DDR war der
immerblonde Barde Heino. Als Dottore damals in der Zeitung las, schwante ihm
Übles, denn wenn dort ein Konzert mit Jemandem begehrt war, der bislang nicht
hatte erkennen lassen, dass ihm aufrechter Gang wichtig ist, dann haben wir
kein Schnäppchen gemacht, sondern uns Probleme eingehandelt. Nun wäre es
falsch, Heino aufgrund seines Sangesgutes in die Nähe des Faschismus zu
stellen, aber von völkischem Gedanken- oder Liedergut haben wir für lange Zeit
genug, zu laut und zu dreist wurde es in Paris und Smolensk, in Bergen und in
Tobruk gesungen.
Nennen wir einmal das Maß der Erscheinung, faschistisch zu
denken, gar zu handeln, Faschiszität, so ist nicht jede Äußerung, jede
Handlung, die zwischen 1933 und 1945 geschahen, eo ipso von Faschiszität
geprägt, so einfach ist das nicht. Es gilt, das spezifisch Faschistische daran
aufzuspüren, zu analysieren und dann ggf. zu unterlassen. In Zeiten grober
Etikettierung ist solch diffiziles Unterfangen nicht gefragt. Um zu zeigen,
dass schwarzbraune Haselnüsse von Faschiszität nicht erfüllt sind, sei ein
absurdes Beispiel gezeigt:
Wir sehen hier den am 30. Januar 1933 an die Macht
Gekommenen, wie er in Begleitung von Offizieren der Wehrmacht Suppe isst, ein
fast banales Bild, hätte die essende Person sich nicht als einer der größten
Verbrecher der bisherigen Geschichte erwiesen.
Nun könnte man zur jeweiligen Alltäglichkeit des
jeweiligen Lesers übergehen, betrachten wir uns vorher aber noch das Werkzeug
dieser Kreatur:
Die rote Markierung macht es einfach, Löffel sind
faschistisch, sie sind von starker Faschiszität. Aber nicht nur das, auch
mindestens ein weiterer Gegenstand verfällt der Feme der tapferen
Antifaschisten, der Teller, zur Erhellung für noch Zweifelnde, blau eingefärbt.
Donnerstag, 15. März 2018
Was ist der Unterschied?
In einem Land beschließt der Präsident auf Vorschlag von ihm zuarbeitenden Geheimdiensten einen Menschen ohne Gerichtsverfahren töten zu lassen. Nun gibt es Unterschiede:
Land A Land B
Ort der Tötung Arabische Wüste Salisbury
Art der Tötung Drohnenüberfall Attentat
Opfer Zum Terroristen erklärt Ehem. Geheimdienstler
Nationalität Fremde Nationalität Früher eigene
Tatwaffe Sprengstoff Nervengas
Aufmerksamkeit Gering Riesig
der Presse
Land A Land B
Ort der Tötung Arabische Wüste Salisbury
Art der Tötung Drohnenüberfall Attentat
Opfer Zum Terroristen erklärt Ehem. Geheimdienstler
Nationalität Fremde Nationalität Früher eigene
Tatwaffe Sprengstoff Nervengas
Aufmerksamkeit Gering Riesig
der Presse
Im 19. Jahrhundert haben sich Männer um Frauen gestritten, auch mit Waffen. War ein Ritual eingehalten und die Waffe langstielig, dann war es ein Ehrenhändel, war die Waffe kurz, dann war es eine Messerstecherei. Die Betrachtung der Tötung eines Menschen hängt davon ab, wer wen wie warum umbringen lässt. Veranlasst das ein Präsident des Landes A, dann wird das von der Bundeskanzlerin begrüßt wie im Falle Bin Laden. Macht dies ein östlicher Untermensch, das ist das ein verabscheuungswürdiges Verbrechen.
Dottore ist zu simpel, es ist für ihn völlig unerheblich, ob der Mörder zuvor Nobelpreisträger oder Geheimdienstmitarbeiter mit Deutschkenntnissen war, Mord ist Mord.
Freitag, 12. Januar 2018
Sebah (22) und Aydin/Tralleis
Immer, wenn Pantalone genug Bilder von Sebah einer
bekannten Stätte gesammelt und bearbeitet hatte, dann drängte er Dottore,
darüber einen Post zu verfassen. Nun ist er auf die Idee verfallen, auch des
Meisters Bilder von Aydin - dem antiken Tralleis nahe gelegen - zu
präsentieren, muss also über diese Stadt ein Post geschrieben werden? Der
interne Frieden ist maßgeblich, Dottore verbindet mit Aydin keine hehren
Erinnerungen. Einen Tag lang musste das gesamte Team jeweils auf der
Innenbehörde rumlungern, nur um eine schon grundsätzlich erteilte
Arbeitserlaubnis zu erlangen, keiner durfte fehlen, obwohl immer nur der Chef
tätig war. Bürokratie osmanischer Tradition ist eben reine Herrschaftsausübung,
die will und muss gepflegt werden. Der Begriff Schikane ist dafür viel zu
oberflächlich.
Und dann fängt das Sammelsurium auch noch mit einem
Bahnhofsbild an! Was allerdings Athen recht ist, muss auch Aydin billig sein.
Dabei ist der Bahnhof damals nicht uninteressant gewesen. Herkömmlicherweise
gibt es zwei Arten von Bahnhöfen, Kopfbahnhöfe und Durchfahrtsbahnhöfe, in
Aydin stand eine dritte Art, eine Mischform: Die Strecke schien in einem
Sackbahnhof zu enden, aber vorher schlängelte sich nach Norden ein
Durchgangsgleis ab, es ist gleichsam ein Blinddarmbahnhof (hier sind präzisere
anatomische Kenntnisse zum Verständnis nötig, man muss nämlich zwischen
Blinddarm und Wurmfortsatz unterscheiden können). Heute, insbesondere nach der
umfassenden Renovierung der Gesamtstrecke, ist er ein schlichter
Durchgangsbahnhof geworden, das Gleis in Richtung Denizli verschwindet
anschließend in einem tünel. Rechts auf dem Bild, also südlich, steht heute wie
damals die Bey-Cami.
Was hat Pascal Sebah nur dazu getrieben, diese
zerzausten Pappeln nebst Mauern und Ölbäumen abzubilden? Es gibt wenig
unbedeutendere Bilder von ihm. Dabei war Aydin zu seiner Zeit berühmt für die
dort reifenden Feigen, die er aber nicht abbildete. Nördlich von Izmir liegt
das Tal des Hermos, in dem der Anbau von Weinstöcken überall anzutreffen ist,
aber nicht zur Erschaffung eines Getränkes, das Allah nicht so gerne sieht,
sondern um die länglichen Weintrauben zu Sultaninen trocknen zu lassen. Weiter
südlich fließt der Mäander zur Ägäis hin, dort blühte der Feigenanbau. In beide
Regionen wurden Eisenbahnlinien gebaut, die den Abtransport der levantinischen
Waren ermöglichten.
Aydin liegt am Nordrand des Mäandertales zu Füßen
eines Gebirges, das in der Antike Mesogis genannt wurde. Traut man den
geologischen Karten, so bestehen der nördliche und der südliche Rand des
Mäandergrabens aus dem gleichen Gestein, der Fluss hat das Tal nicht
geschaffen, sondern den vorhandenen Graben nur nutzen können. Beide
Gebirgsketten unterscheiden sich aber erheblich, während die südliche relativ
stabil ist, kann sich das Mesogisgebirge der Verwitterung kaum widersetzen.
Große Schuttfächer bauen die verschiedenen Wasserläufe in das Mäandertal auf.
Diese bestehen aus Gesteinsbrocken des Gebirges, das dann auch noch kalkhaltige
Oberflächenströme versendet. Dadurch verfestigen sich diese Schuttfächer, aber
erneute Regenfälle reißen dann wieder tiefe Schluchten in die nicht allzu fest
durchgesinterte Erde. Hier ist der Tschinar (Cinar) Dere tätig mit der
Vertiefung der Schlucht in Richtung Aydin.
Sebah hat diese Bilder nicht mit A,B, C bezeichnet,
aber bei der Gewinnung des Panoramas wurden alle drei Bilder verwendet.
Die geomorphologischen Ergebnisse sind erstaunlich,
wenn man sie auch noch auf der Sohle durchschreitet, an den Flanken des
Ravines, auf deutsch wohl am besten mit Tobel übersetzt, sieht man zuerst die
bei jeder frühen Flut aus den Bergen abgelagerten Schichten, die dickeren
Kiesel meist oben, das alles kann man aber nur erblicken, weil die neuzeitlichen
Sturzbäche den Boden wieder mit scharfer Kante weggerissen haben. Auch Sebah
widmete daher drei Bilder diesen Naturgeschehen bzw. deren Ergebnissen. Über die
Brücke auf dem einen Bild führte wohl die Zuleitung für eine Wassermühle, mit
denen die Griechen das westliche Kleinasien im 19. Jahrhundert überzogen.
Als der Photograph aus Konstantinopel diese Bilder
machte, da brodelte es allenfalls unter der Bevölkerung des osmanischen
Reiches, der erstarkende Nationalismus fand seine Primitivnahrung in dem rasch
anwachsenden Reichtum der dort ansässigen Mitbürger griechischer Herkunft und
Sprache. Die Städte waren geteilt in Muslim- und Giaurviertel. Die Zypresse
deutet mit ihrer Spitze fast auf den Kuppelbau einer orthodoxen Kirche, die vermutlich
im Viertel der Griechen stand.
Die nächsten beiden Bilder zeigen viele Minaretts,
da wohnten also die türkischstämmigen Bürger des Osmanischen Reiches.
Der türkische Nationalismus entlud sich zuerst an
den armenischen Mitbürgern, verstärkt seit es die jungtürkische Bewegung gab.
Dann übertrug sich diese Xenophobie auch auf andere Christen, der Krimkrieg hatte
sich an der Forderung des Russischen Zarenreiches entzündet, die Schutzmacht
für alle Christen im Osmanischen Reich zu werden, zwar ein vorgeschobenes Ziel
für Machtpolitik, aber einen Anlass dazu gab es eben. Zu einem gegenseitigen
Abschlachten im Ausmaße der Kämpfe und Kriege im ehemaligen Jugoslawien kam es
allerdings in Aydin erst, nachdem die Griechen völkerrechtswidrig am 15. Mai
1919 in Smyrna gelandet waren. Die Gemeinschaft der Nationalitäten war endgültig
zerrüttet, kein Politiker konnte danach den Schutz der jeweiligen Minderheit
gewährleisten, zu oft und zu intensiv waren die Animositäten zuvor politisch
ausgenutzt worden.
Politisch Lied – garstig Lied? ! Wenden wir uns lieber
der weiter entfernt liegenden Vergangenheit zu, da sind dann weniger Identifikationen
vorhanden, die das Feststellen von Geschichte und ihre Betrachtung so schwierig
machen. Die Griechen und Römer waren schlauer als die Bewohner Aydins ab dem 17.
Jahrhundert, sie bauten ihre Stadt Tralleis nicht in der fruchtbaren Ebene,
sondern auf dem Schuttfächer. Davon zeugt – weithin sichtbar – die Ruine eines
Gebäudes, das wohl ein Gymnasion oder eine Therme war; in solch langer
Standzeit kann der Bau auch seine Funktion gewechselt haben. Der Ansatz zu
einem hohen und vermutlich weiten Bogen ist nicht zu übersehen.
Schon Humann monierte den sorglos errichteten Bau,
in den schon Spolien vergangener Bauten eingebracht wurden. Auch sieht die
Talseite sehr viel uninteressanter aus, dafür stehen dort aber spektakulär
anzuschauende Olivenbäume.
Unbedacht äußerte Dottore den etwas niedlichen Gedanken,
der Olivenbaum auf dem Bild von Sebah könnte mit dem auf dem neuzeitlichen Foto
identisch sein. Hätte er das bloß nicht gesagt! Pantalone zeigte ihm
minutenlang empört seine Bilder und bewies eindeutig und langatmig, die
abgebildeten Bäume können nicht die gleichen sein, es gibt dort eine relativ
neuzeitliche Anpflanzung von Olivenbäumen.
Allerdings – das muss hier doch betont werden –
beließ Pantalone Dottore nicht in der Trauer über den Verlust seiner angenehmen
Vermutung, sondern heiterte ihn mit dem Bild eines nun wirklich alten
Olivenbaumes auf der ehemaligen Stadtfläche von Tralleis auf, der daher hier
auch gezeigt sein soll.
Der Abschied von der Antike geschieht durch ein
Bild, das das Ausmaß der antiken Bauwerkes erahnen lässt, die Selbstdarstellung
des Römischen Reiches erforderte solche Dimensionen.
Als Wulff 1903 die Koimesiskirche in Nicäa
darstellte und analysierte, da kam er nicht umhin, zwei byzantinische Bauten zu
erwähnen und deren Zeichnungen wiederzugeben (Seite 99), die schon Sebah 13
Jahre zuvor abgelichtet hatte. Das erste Bild zeigt offenbar die Apsis einer
großen Kirche, deren Boden mehr als drei Meter unter dem zwischenzeitlichen
Schutt verborgen war.
Das nächste und letzte Bild lässt einen Rundbau
erkennen, dessen Außenwand durch Nischen gegliedert ist, Erinnerungen an den
Nischenrundbau im Lausospalast zu Konstantinopel lassen sich nicht
verscheuchen. Fraglich ist nur, was stand in den Nischen, etwa der Knabe aus
Tralleis? Seine scheinbare Lieblichkeit
wird durch den doch recht brutalen Gesichtsausdruck im Zaume gehalten, ähnliches
bewirken die groben Hände beim David von Michelangelo. Musste ein Liebling eben
insoweit hart und männlich sein?
Der Knabe von Tralleis steht in Istanbul, die von
Sebah aufgenommenen Landschaften und Gebäude sind in Aydin verblieben,
allerdings wird die Statue nicht in dem Nischenrundbau gestanden haben, denn
der Knabe ist erst 1902 gefunden worden, aber in Konstantinopel kann man sich
die Nischen mit berühmten Bildwerken versehen vorstellen. Gleichwohl ist ein
Besuch in Tralleis die Reise wert, es gibt noch ein aus opus caementitium
errichtetes Theater, davor quer ein Stadion, einen eigenartigen Grabbau und
weit nach Norden Wasserleitungen, die damals tief in der Erde steckten, heute
bisweilen freigewaschen (und daher sichtbar) sind.
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