Freitag, 23. Oktober 2015

Sebah 19 Sein Ägypten

Nero, Wilhelm II.,  Commodus haben  die Institution des Kaisers bei Dottore in Verruf gebracht, Mark Aurel, Diokletian und Pedro II von Brasilien vermochten die antiimperialistische Einschätzung etwas zu mildern. Dem brasilianischen Herrscher verdanken wir nämlich u.a. die folgenden Bilder, da er gerne reiste und sich für moderne Techniken interessierte. Sein Album der Reise nach Ägypten wird von der Brasilianischen Zentralbibliothek würdig repräsentiert, natürlich mit Bildern von Sebah, der Mann war eben gebildet und hatte Geschmack.  


Dottore verspürt nicht den geringsten Reiz, die fraglos schönen Bilder mit irgendwelchen launischen Worten zu kommentieren. Ihm ist und bleibt Ägypten fremd, mindestens das antike. Pantalone mag oder kann das nicht, also folgen die Bilder fast ohne Wortgerassel dazwischen. 
















Dieses Bild wurde schon einmal gezeigt, allerdings als Teil eines Panoramas; da es aber auch selbst als Einzelbild viel zu erzählen weiß, sei es noch einmal dargeboten.





Diese Aufnahme zeigt den fast identischen Teil der Moschee, sie ist zur Ersttarnung auf Sepia getrimmt, das wird aber wieder aufgelöst.

                                     

Donnerstag, 22. Oktober 2015

Socials costs

Wer sich über diesen Begriff informieren will, in Wikipedia hineinschaut, der hat schon verloren, ist schon beschissen worden. Statt klüger zu werden, werden ihm Berechnungsarten vorgestellt, er wird allenfalls also etwas schlauer. Soziale Grenzkosten sollen sie im Deutschen heißen, Unverschämtheiten sind sie in allen Sprachen.

Wer eines der besagten Autos von VW gekauft hat, ist selbst kaum hereingelegt worden. Die wenigen Pferdestärken weniger sind sowieso überflüssig gewesen, beim Verbrauch wissen wir seit eh, dass uns zum einen immer schon Traumverbrauchszahlen vorgelogen wurden, ein Streicheln des Gaspedals macht andererseits vieles wett. Beschissen wurden durch die betrügerische Software wir alle. Mühsam bahnt sich die Einsicht, wir könnten unseren Enkeln nicht solch eine verdreckte Welt übergeben, durch das Dickicht der Augenblicksinteressen, so ein klein wenig wird nun auf die Verringerung der Stoffe geachtet, die wir alle beim Autofahren produzieren. Allzugleich wird von VW ein Betrug unternommen, nicht, weil man dort dieses Ziel für falsch hielte, nein, nur deswegen, weil das Ausstatten der Fahrzeuge mit gesetzeskonformen Motoren Geld gekostet hätte. Dieses Geld kann man sich doch sparen, kann hohe Dividende an die Eigner ausschütten, wobei einer der großen Eigentümer ein Bundesland ist. Also wird es nur gemacht, damit Winterpietsch etc. als großartige Wirtschaftsführer dastehen, um dann irgendwelche schäbigen Boni zu kassieren, schäbig klein nur im Verhältnis zu dem Schaden, den sie weltweit verursachen lassen. (Übrigens: Man muss schon ein gehöriges Maß an Blödheit oder Unbildung haben, um ein Fahrzeug nach einem Gottessohn zu benennen, der scheitert. Phaeton kann den väterlichen Sonnenwagen keinen einzigen Tag ohne Unfall steuern! Der Vorname allein machts nicht, Ferdinand!)  

Wer immer noch nicht genug hat von der vulgärmarxistischen Erklärung der Welt, der lese den heutigen Artikel in der FAZ:NET „Wenn der LKW auf der Autobahn steht“. Dass viele LKWs nächstens auf den Autobahnen stehen, weil die Parkplätze überbelegt sind, ist für den Autor des Frankfurter Weltblattes eine Folge der gesetzlich geregelten Lenkzeiten. Kein Wort wird darüber verloren, dass die Erfindung der „lean production“ es bedingte, verarbeitende Unternehmen unterhalten so etwas Altmodisches wie ein Materiallager nicht mehr.  Auf allen LKWs steht es drauf, deren Betreiber sind keine biederen Speditionen mehr, sondern betreiben „logistics“. Also sind die früheren Läger nun als rollende Vorratsbehältnisse unterwegs. Die Lagerkosten musste früher das Unternehmen tragen, also den Bau (nebst Grundstück) der Gebäude und die Unterhaltung der Infrastruktur. Dann wurde das auf die Speditionen überbürdet, die durch fast ruinösen Wettbewerb und scharfe Vertragsregeln genötigt sind, pünktlich das LKW=Lager vorzufahren. Und die Parkplätze und das ggf. einzurichtende Parkleitsystem, wer zahlt das? Natürlich die Allgemeinheit, denn es ist doch in unser allem Interesse, dass wir nachts nicht auf einen aus dem Parkplatz herausragenden Laster prallen. Und weil es so schön passt, da wird auch die schöpferische Intelligenz der Firmen Siemens und Benz zugleich noch gelobt. Da soll der Skribent doch gleich als public relations manager in den Unternehmen deren Werbesprüche formulieren und uns nicht als Journalist behelligen, denn erläutern kann er uns nichts, weil er nichts begriffen hat!

„Wieso ist das vulgärmarxistisch, Dottore?“

„Weil beides so ungebrochen nach dem uralten Lehrsatz funktioniert, nach dem Verluste vergesellschaftet werden!“ 


Für Karl Georg Zinn, 50 Jahre dazu das Richtige sagend.

Sonntag, 18. Oktober 2015

Schlittern (lassen) als Tätigkeit des Vorstandsvorsitzenden und ein anderes Erlebnis

In der FAZ:NET war am 15.6.2014 zu lesen:

„Arcandor war 2009 in die Pleite geschlittert. In der Folge laufen gegen Middelhoff auch eine Reihe von Ermittlungen [Hier zitiert Dottore nur, der Grammatikfehler stammt von dem unbekannten Verfasser des Weltblattes]. Die Staatsanwaltschaft Bochum untersucht etwa seit Jahren, ob er die Insolvenz des früheren Karstadt-Quelle-Konzerns verschleppt hat. Middelhoff weist alle Vorwürfe zurück.“

Schon vor vielen Jahrzehnten war es eine gängige Antwort auf den Behauptungssatz, „DIE ZEIT ist doch ein links-liberales Blatt“, entscheidend sei für eine solche Beurteilung nicht das Feuchtong, sondern der Wirtschaftsteil, in dem man kaum etwas Links-liberales entdecken könne. Bei der FAZ kam solch eine Wertung nie auf, sie in ihrer Haltung als „wirtschaftsnah“ zu bezeichnen, ist noch euphemistisch. Also kann man den zuständigen Redakteuren und sonstigen Mitarbeitern unterstellen, sie wüssten, wie ein Konzern geführt wird. Nun wissen auch wir es, durch Schlitternlassen! Was ist das nun?  Wie bewegt sich ein Konzern? Wann geht er auf das Eis? Kann er denn überhaupt SCHLITTERN?

Was Schlittern ist, will uns Deutschen der Duden nahebringen, der im Gegensatz zur Akademie unseres westlichen Nachbarlandes nicht um die Landessprache besorgt ist, sondern immer nur referiert, was die Zeitgenossen so vor sich hinplappern („Reiners am Arsch“, sagt Zazie dans le duden). Der Duden also definiert „Schlittern“ vieldeutig so:

„1.a) mit einem Anlauf über eine Schnee- oder Eisfläche rutschen
1.b) sich schlitternd über etwas hinwegbewegen
2. auf einer glatten Fläche, auf glattem Untergrund (aus)gleiten, ins Rutschen kommen
3. unversehens, ohne Absicht, ohne es zu wollen, in eine bestimmte (unangenehme) Situation hineingeraten“

Nehmen wir zugunsten von Middelhoff, der bei seinen Kumpeln sowieso die Arschkarte gezogen zu haben scheint, einmal Variante 3. an, also das „unversehens Hineingeraten“. Ist es nicht Aufgabe des Vorstandes, „sehenden Auges“ zu sein? Ist nicht die Bewegung eines Konzerns, der auf glattem Boden unkontrollierte Bewegungen macht, eine Feststellung über die Unfähigkeit der leitenden Organe?  Hätte nicht das doch etwas abrupte Ende bei Mohn allen signalisieren müssen, Thomas heißt in Wirklichkeit Peter, er hat die Stufe seiner Inkompetenz erreicht? Aber es ist auch höheren Orts so, wie Mäxchen Mohr sich das vorstellt, wer heute Käse verkauft hat, kann auch morgen Brücken konstruieren, denkste! Oder, um ein aktuelleres Beispiel zu nehmen, wer das satte Schließen von Autotüren überprüfen kann, der ist auch fähig, die ganze Welt mit einem Dieselmotor zudrecken zu lassen. Und, so schlittern sie denn, unsere Wirtschaftsführer, erst der jeweilige Konzern, dann sie selbst auch ein bisschen. Nur der Thomas, der hat ein wenig übertrieben, wahrscheinlich muss er irgendwann so leben wie die von ihm Unternommenen, jedoch, so schlimm ist das in der ersten Welt aber auch wieder nicht. Vielleicht schreibt er dann ein Buch, das aus alter Loyalität bei Bertelsmann gedruckt wird, Titel: Der Gefallene Engel. Dottore wird es nicht lesen.

Dottore hat zu „Schlittern“ keine metaphorische Beziehung, sondern handfeste Erinnerungen. Wenn es kurz über Null Grad war, der Boden noch gefroren, es zu schneien anfing, dann konnte man eine „Schleife“ machen. Zuerst musste der Schnee in Längsbahnen so fest getreten werden, dass er fast schmolz, dann verband er sich mit der kalten Erde und gefror.  Nun musste man vorsichtig, möglichst mit Ledersohlen, nach einem kräftigen Anlauf auf dieser Bahn entlanggleiten und sie dabei glätten, bis eben eine richtige Schleife entstanden war, auf der man schlittern konnte. Man sieht, um die Voraussetzungen zum Schlittern zu schaffen, bedarf es einer gewissen Kunstfertigkeit.

Dottore besuchte in Roulettenstadt ein Gymnasium, das in einem Gebäude betrieben wurde – für 1200 Schüler gebaut, aber von 2400 genutzt. Die geräumige und hohe Aula wurde in vier Klassen verwandelt. Die jeweiligen Wanderklassen wurden in den Räumen der Klassen unterrichtet, die gerade in der Turnhalle waren. Der größere Teil des Schulhofes war noch von den Amerikanern besetzt, die dort einen Fuhrpark unterhielten. Zwischen den Teilen des Hofes bestand ein Höhenunterschied, über einem kniehohen Mäuerchen erhob sich ein vielleicht fünf Meter breiter, leicht ansteigender Streifen, der als Grünanlage bezeichnet wurde. Drei Tätigkeiten waren nun neben vielen anderen verboten:
1. Das Betreten dieser Grünanlagen,
2. das Anlegen von Schlitterbahnen (i.e., richtigerweise e.s. Schleifen – es war nämlich ein humanistisches Gymnasium!) und
3. das Schneeballwerfen.

Nach Abzug der Amerikaner wurde nur eine Verbindungstreppe zwischen den Hofteilen angelegt, das erste Verbot wurde daher laufend übertreten, die Grünanlage verwandelte sich in eine lehmige Braunanlage. Eines Tages, es war im Winter 1953, fiel kräftig Schnee, da wurde gegen das 3. Verbot schon in der ersten Pause ununterbrochen verstoßen, die Luft des Schulhofes war geradezu gesättigt mit Schneebällen. Vor der zweiten Pause hatte Frau Holle Verständnis für uns Schüler gezeigt und nochmals kräftig für Nachschub gesorgt. Das muntere Schneeballwerfen ging weiter. Als ein Lehrer eingreifen wollte, wurde er mit Schneebällen so eingedeckt, dass ihm nur die Flucht ins Schulhaus blieb, das war 1953!, lange bevor wir unsere Aufmüpfigkeit artikulieren und in politisches Handeln umsetzen konnten.

Es versammelten sich die übrigen Lehrer an den Fenstern des Treppenhauses, der Direx (sprich der Herr Oberstudiendirektor Haas) trat aus einer der Türen zum Hof. Langsam und würdig schritt er durch ein sich bildendes Spalier seiner Schüler, das Schneeballwerfen hatte aufgehört. Doch ein unbekannter Schüler konnte nicht widerstehen, vom oberen Hof kam ein Schneeball geflogen. Nach guter Pädagogensitte wollte nun das Häaschen diesen Übertäter exemplarisch dingfest machen, er betrat die „Braunanlage“, um sie schräg auf dem kürzesten Wege zum Missetäter zu überqueren. Fast oben angelangt trat er auf eine der dort akkurat angelegten, nun unter dem Schnee verborgenen Schleifen, glitt aus, fiel auf den Bauch und rutschte zu unser aller Vergnügen bauchwärts talwärts. Mit jedem Zentimeter des Rutschens verlor er an Autorität. Er rappelte sich zwar auf, schüttelte sich den Schnee ab und ging nun gemessenen Schrittes über die Treppe auf den oberen Teil des Hofes, jedoch der Zugriff konnte nicht mehr erfolgen, zudem hub das Schneeballwerfen wieder an. Dottores Klassenkamerad Jendricke, heute ein weißhaariger Pensionär, war ein begnadeter Handballspieler, stand am Rande einer weiten Schülerrunde, in deren Mitte das Häaschen ernst und nachdrücklich den doch wahrlich vernünftigen Grund für das Verbot des Schneeballwerfens erläuterte. Da Dottore unmittelbar neben Jendricke stand, weiß er es genau, dieser nahm einen Schneeball, warf ihm abschätzend einfach hoch und … traf. Das Häaschen hatte ein Käppi wie der Papst, genauso weiß, aber kalt. Unwirsch wischte der Direx sich diese Kopfbedeckung weg, wir aber hatten es ihnen gezeigt. In der nächsten Pause durften wir nicht auf den Hof, in der letzten Schulstunde dieses Tages wurde über Lautsprecher verkündet, dass mehrere Schüler der Anstalt verwiesen worden seien. So, wie Dottore sich erinnert, sollen deren Eltern das aber erfolgreich angefochten haben.

Moral von der Geschicht:

Schlittern ist in seiner ursprünglichen Bedeutung eine vergnügliche Sache, nur im metaphorischen Sinne birgt sie Gefahren in sich.  

Dienstag, 6. Oktober 2015

Padova Freres 6

Pantalone hat es tatsächlich geschafft, doch noch Bilder zu fischen, die von diesen Brüdern stammen. Dabei weiß er selbst gar nicht mehr, warum er deren Produkten nachjagt. Weder sind die Bilder optische Delikatessen, noch bringen sie wesentlich Neues in die Geschichte der kurzen griechischen Epoche der Stadt Smyrna im 20. Jahrhundert. Es wird eine Mischung aus Jagdtrieb und Verbissenheit sein, fürderhin werden weitere Trophäen nicht in einem eigenen Post gezeigt, sondern hier nur angefügt. Denn man soll solch niedere Triebe nicht fördern.

Eingerahmt von uniformierten Menschen sitzen die Offiziere aus Großbritannien und Griechenland hoch zu Ross: die aus England mussten sich nach dem Desaster und dem darauf folgenden Regierungswechsel zurückziehen, die aus Griechenland haben einen Regierungswechsel benutzt, um eine noch falscheren Strategie zu verfolgen. Aber soweit war es zu dem Zeitpunkt der Aufnahme noch nicht.

Die paradierenden Offiziere verführen dazu, sich an Göring zu erinnern, über den hinter verborgener Hand geraunt wurde:

                                 Links Lametta, rechts Lametta
                                 Und der Bauch wird immer fetter.

Das Laufen haben dann diese Herren auf dem Rückzug gelernt – schon deswegen gerecht, weil sie den Vormarsch im Hinblick auf den Nachschub nicht richtig geplant hatten.

Nun ist – gottlob! – die kriegerische Ausbeute erschöpft, es geht um friedlichere Bilder.


Smyrna galt über Jahrtausende als eine der lieblichsten Städte Kleinasiens. Heute ist davon nichts mehr zu bemerken, aber um 1900, gar noch 1920, da atmete das Tal des Meles und das dorthin verlegte Bad der Diana (das 19. Jahrhundert war stark rom-orientiert, weswegen zahlreiche Stätten mit dem lateinischen Namen der antiken Götterwelt benannt wurden) noch etwas von der Annehmlichkeit der Landschaft. Padova Freres zeigen diese Gegend aber etwas garstig, nämlich mit Schnee bedeckt, als wollten sie die Veränderung durch die Besetzung auch klimatisch darstellen.

Die Faszination aller Reisenden in der Vergangenheit, wozu leider auch Dottore mit seinen Reisen ab 1958 sich zählen muss, beruhte u.a. auf der Wirklichkeit der Kamelkarawanen in der Türkei; was in trauten Stunden der Lektüre von 1001 Nacht phantastisch durchlebt worden war, das geschah leibhaftig vor den Augen. Also bildeten die Reisephotographen diese Realität ab, damit durch deren Abbild die Empfänger der Postkarten die tatsächliche Wahrnehmung der Absender nachvollziehen konnten. Noch heute werden zum Zwecke der Einkreuzung beide Kamelarten von Züchtern in der Türkei  gehalten, wenngleich nur noch Kamele zu Ringkämpfen gebraucht werden; auch dies ist eine der Eigenfolklorisierungen der türkischen Gesellschaft.


Der Schreiber dieser und anderer Postkarten liebte es, deren Ansichtsseite mit seiner Tinte zu beschriften (die schäbigen Erben der Empfänger verhökern sie über das Internet). Dieses Bild aus Ephesos ist in verschiedenen Abzügen auf Postkarten der unterschiedlichsten Editeure wiederzuerkennen, Padova Freres haben sicherlich – das wird hier wiederholt – ein vor 1919 schon bestehendes Fotostudio übernommen. Das Interesse der Griechen während der Besetzung war auch archäologisch geprägt, so wurden in Mastaura Grabungen vorgenommen, einer ansonsten eher unberührten Stätte, als Ausgleich wurde nun das Bild dieser schon damals häufig aufgesuchte Ruinenlandschaft vertrieben.


Die vorstehende Postkarte ist in anderer Herkunft schon in „Padova Freres 3“ wiedergegeben worden, nun liegen ihre Schwestern vor. Leicht war es damals, sich einen Überblick über die „Mouvements du Port“ in Smyrna zu verschaffen, man musste nur einen im Obergeschoss residierenden Anlieger bitten, einem die Aufnahme von dort zu gestatten. Beide Aufnahmen sind von dem gleichen Ort aus gemacht worden, Dottore meint, die linke sei eher entstanden: Der Kai verläuft südlich der künstlichen Halbinsel, auf der das „Bureau des Passeports“ steht, in südsüdwestlicher Richtung. Die Länge der Schatten und ihre Richtung lassen den Schluss zu, nachmittags sei die Aufnahme gemacht worden. Auf dem rechten Bild hat sich offenbar eine Wolke vor die Sonne geschoben, die Schatten sind undeutlicher und etwas länger, der des Wartehäuschens geht nun über die Schienen hinaus. Weder die Zahl der Fässer auf dem Prahm hat sich geändert, noch ist die Rauchwolke des Schleppers verweht. In der kurzen Zeit sind die meisten Menschen verschwunden, ob sie nun alle in den Wagen der Pferdebahn sind?

Obwohl die linke Aufnahme die lebhaftere ist, also die „mouvements“ besser wiedergeben, gibt es von der schlechteren weitere Exemplare. Diese unterscheiden sich von allen anderen Postkarten aus Smyrna dadurch, dass sie neben dem üblichen französischen Text noch eine griechische Aufschrift enthalten. Offenbar machten sich die „Padova Freres“ selbst Konkurrenz,  die gute Aufnahme wurde in die Reihe „P.V.“ aufgenommen, die miserabel kolorierten ohne besondere Kennzeichnung verkauft. Man kann aber dadurch viele entsprechend eingefärbte Postkarten den Brüdern aus Padua zuordnen. Die aber werden nun nicht gezeigt!  


Nachtrag 1:


Kaum war der Post geschrieben, da kommt Pantalone und hat weitere Bilder! Jedoch ist das Bild dabei, nachdem er schon lange suchte, das in „Padova Freres 1“ als existent bezeichnete, aber nicht greifbare Photo der „Offiziers de Democratie“. Pantalone war regelrecht enttäuscht, als er das Langersehnte erstmals sah. Es zeigt die französischen Militärs, die sich – wie wohl damals üblich – mit religiösem Mimikry zu verstecken suchen. Die Schwestern sehen aus wie die Zwergnonne in Fellinis wunderbarem Film „Armacord“, der es gelingt, den Kieselstein werfenden Onkel Theo, der lauthals verständliche Wünsche äußert, aus dem Baum zu holen.


Das von einer Schweizer Dynastie betriebene Hotel Huck war offenbar zur Zentralpost mutiert, jedenfalls scheint die Beschriftung der Postkarte darauf hinzudeuten. Aber das Gebäude wurde ebenso wie das der Konkurrenz, nämlich das Hotel Kraemer, 1922 ein Opfer der Flammen.


Politische Unruhe war im Osmanischen Reich auch personell institutionalisiert. Am Rande einer jeden Volksgruppe existierte ein zugehöriger Haufen bewaffneter Männer, bei der türkischen Ethnie waren das die Zeybeks, aber auch die Albaner und die Griechen hatten ihre Brigantenscharen. Hier nun eine andere Gruppe. Waren die Ordnungskräfte durch den Einsatz des jeweiligen Vali durchsetzungsstark, nun da blieb noch die Möglichkeit für das einzelne Mitglied einer solchen Schar, Cavas, also Hauswächter, zu werden. Jeder etwas betuchtere Hausbesitzer hielt sich solch einen Wächter, was nicht nur praktisch, sondern bisweilen notwendig war. 


09.November 2015


Dottore rätselt darüber, ob er sich mehr über die zwischen hartnäckig und verbiestert zu nennende Haltung von Pantalone wundern soll oder über den Fakt (das ist DDR-Deutsch, das sollte an diesem Tag betont werden), dass es ihm gelungen ist, doch wieder solch ein doofes Photo der Brüder zu erhaschen. 


Die HMS BRYONY war ein sogenanntes Q-ship, ein schwimmendes Täuschungsmanöver. Es sah aus wie ein normales Handelsschiff, war aber gegen U-Boote schwer bewaffnet. Es begleitete Konvoys von Handelsschiffen, wobei gehofft wurde, U-Boote griffen dieses Schiff an, was dann zu der Überraschung des U-Bootkommandanten zum Gegenschlag ausholte. Ansonsten verklingt die Saga über dieses Schiff ruhmlos, es wurde 1938 abgewrackt, nur hatte es einmal einen später dann auf einem anderen Schiff berühmt gewordenen Kapitän. Auch sein Name war sehr unkriegerisch, es wurde nach der Zaunrübe, einem Gurkengewächs, benannt, dessen Früchte allerdings sehr giftig sind. Heute sollte man Q-Schiffe gegen die Piraten aus Somalia einsetzen, allerdings erst in drei Jahren, wenn solange zuvor die Schiffe der dort kreuzenden Seemächte dafür gesorgt haben, dass keinerlei ausländische Fischerboote die Nichtexistenz eines somalischen Staates ausnutzen konnten. Vom Meer leben muss man den Somalis ermöglichen.


28.12.2015

His Majesty Ship „Clematis“ war ein Minensucher der Blumenklasse, 12 Schiffe, die im WWI dafür gebaut wurden, Seeminen unschädlich zu machen. Das ist ein nicht ganz ungefährliches Unterfangen, dabei wird bisweilen hinter dem Boot, das damals aus Holz gefertigt war, um die Magneten der 


Minen nicht anzuregen, ein Gestell unter Wasser hergezogen, um die vermuteten Minen explodieren zu lassen. Als Alternative versuchte man, das Ganze von einem Ballon aus durchzuführen, an dem Drahtseile hingen. Dies hat im Golf von Smyrna der Photograph offenbar abgelichtet, dessen Spuren im Netz von Pantalone mit Eifer verfolgt werden. 

28.02.2016

Flüchtlinge gab es in der Weltgeschichte immer wieder. Am lästigsten werden sie empfunden, wenn zu den Ursachen ihres Ortswechsels diejenigen beigetragen haben, die sträubend Zuflucht gewähren. Ursache betont Dottore, nicht Schuld. Der Wohlstand im Römerreich war einer der Gründe, weswegen die Anrainer danach trachteten, dorthin zu gelangen - die Mediterraner dachten, sie wollten statt Kuhkäse und Met (ranziger Butter und Bier) lieber Olivenöl und Wein haben, so ganz falsch war das nicht. Überall gab es Limites, den gegen die Schotten, den gegen die Germanen, den gegen die Daker, den gegen die Parther, den gegen die Araber, den gegen die Garamanten. Nach Überwindung der Grenze verfielen die Eindringlinge damals nicht sofort in tiefste Dankbarkeit, sie wurden - soweit männlich - als Söldner benutzt. Aber dem akkumulierten Wohlstand des Römerreiches während des Prinzipates stand die Ausbeutung der gesamten, damals bekannnten Welt zugunsten Roms gegenüber. Was Wunder, wenn alle dorthin wollten.



Die Griechen wollten 1919 auch so ein wenig zu den Kriegsgewinnlern zählen, obwohl sie durch langes Lavieren sich die Last eines Krieges erspart hatten. Dann aber schlugen sie unfein zu, die seit der Ionischen Wanderung inzwischen dort indigen Gewordenen wurden nicht so behandelt als seien es zukünftige Landsleute, Es regte sich alsbald Widerstand, Zwischen den griechischen Besatzungstruppen und türkischen Freischärlern kam es im Sommer 1919 zu einer kriegerischen Auseinandersetzung um und in Aydin. Für die griechischen Flüchtlinge von dort wurde dann in Smyrna gesammelt. Diese Photographen haben das festgehalten, die Rolle der Pfadfinder damals ist okkult.

21.03.2016

Als widder was neuss:
Sammler sind schon eine eigenartige Spezies Mensch, einerseits kommt man um ein gewisses Maß an Bewunderung nicht herum, andererseits sind sie auch wieder öde. Pantalone wurde wieder fündig, die Ergebnisse folgen (fast) unkommentiert. Das Minensuchboot HMS Aberdare war namensgebend für eine Klasse gleicher Schiffe, die beiden anderen Bilder der Brüder Padova sind mit gleichen unter "anderer Flagge" konfrontiert. Wie lange wird das noch so weitergehen?