Samstag, 22. Dezember 2012

Kleinasien – einst und jetzt


Wenn man – wie Dottore – seit über 50 Jahren häufig in die identische Gegend reist, so reizt es, die Veränderungen festzustellen. 1962 war Antalya ein beschauliches Städtchen wie Bad Schwalbach im Taunus, heute hat Köln Mühe, an Bevölkerungsanzahl mitzuhalten. Aber solche Änderungen sind nicht sinnlich zu vermitteln, es ist nötig, erläuternde Erklärungen hinzuzufügen, also kurz: es wird langweilig.

Besser scheint es da, auf Bildern die veränderten Objekte zu zeigen, wer nostalgisch gesinnt ist, mag dann solchen Anwandlungen nachhängen, wer kühl analysiert, denkt an Selbstverständlichkeit, wer Bilder mag, schätzt diese um ihrer selbst willen. Ganz ehrlich, Dottore und Pantalone haben gemeinsam eine gewisse Scheu, in der Kiste der eigenen Bilder von damals zu kramen, wie sie es in Bursa taten. Zu rasch wird einem dann nämlich bewusst, wie sehr man teilweise in eine Zeit hineinragt, die schon als museal betrachtet wird. Daher nun Vergleichsbilder, die ohne Reizung der narzisstischen Persönlichkeit präsentiert werden können.



Das ansonsten rühmliche Beazley-Archiv behauptet, das Bild gäbe Mykenai wieder, weit gefehlt, es ist unzweifelhaft Troja, wie das Bild von 2010 zeigt.



Ellis Colnaghi begleitete 1853 C.T. Newton auf dessen Reise durch die Südtürkei. In Kaş trennte er sich von ihm und machte einen Schlenker durch das Innere Lykiens, dabei nahm er u.a. von der Flussnekropole in Myra am Grab 81 ein in der Literatur vielfach ausgedeutetes Relief auf, das in den fast 160 Jahren seitdem kaum Schaden genommen hat, der Riss im anstehenden Felsen hat sich etwas verbreitert.



Wie in einem anderen Post schon geschildert führte der Krimkrieg dazu, dass englische Altertumsforscher im Osmanischen Reich agieren duften, wo sie daher auch entsprechend den damaligen Vorstellungen von „Grabung“ ziemlich wühlten. C.T. Newton durfte sich dabei auf Matrosen der Marine seiner Majestät stützen, wobei dem Corporal J. McCartney der Befehl erteilt wurde, zu photographieren: er also nahm 1858 die Felswand oberhalb des Demeterheiligtums in Knidos auf.



Unbekannt ist Dottore, wer seinerzeit das Theater in Laodikeia aufnahm; bemerkenswert ist nur, wie wenig sich seitdem geändert hat, was keine Kritik der jetzigen Forscher an dieser ist (allerdings könnte der von der Skene stammende Torso doch vielleicht besser geschützt werden)



Der vermehrte Tourismus legte es 1890 Sebah & Joallier nahe, auch Bilder von Pergamon zu verkaufen. Vom großen römischen Theater steht nur noch dieser Bogen, der zu „malerischen“ Bildern Anlass gibt.



Das pergamenische Amphitheater – gottlob eines der wenigen dieser Bauten in Kleinasien – ist im Grün des Schuttes über ihm versunken, nur der durchlaufende Bach konnte nicht von ihm dauerhaft überdeckt werden.



Nur wegen des Gegensatzes zwischen 1890 und 2009 wird das Eski Kapliça nochmals gezeigt, auch als Triumpf über den alles Kältere beschlagende Dampf.



John Henry Haynes war Lehrer in Konstantinopel, er lernte einen Photographen kennen, der ihn in diese Kunstfertigkeit einweihte. Danach zog er selbst mit einem rein photographischen Gepäck von über 50 kg durch das Osmanische Reich und nahm Altertümer auf. Hier war die Kirche 8 in Binbirkilise sein Objekt. Ein Erdbeben zerstörte diesen schönen Rundbau so nachhaltig, dass schon Gertrude Bell 30 Jahre später nur noch geringe Reste aufnehmen konnte, nun sind diese auch noch weniger geworden. Haynes wur-de später Archäologieprofessor in USA, heute reichen dazu gute Fotos nicht mehr aus.



Besagter Colnaghi hatte auch einen Blick für die byzantinischen Überbleibsel, so eben nahm er auch die von Dottore so geschätzte Ruine der Kirche von Dere Agzy auf, das Bild wird auch im Beazleyarchiv verwahrt, allerdings ohne präzise Benennung (265 Lycia), ein wenig peinlich.


Auch Haynes hatte Augen für die Wunder des Landes, auch wenn sie nicht aus dem klassischen Altertum stammten. Hier nahm er das Eingangstor der (westlichen) Sultanhan-Karawanserei auf. Moped statt Pferd; aber das wirklich besondere daran ist, dass hier nicht wie wild anastilosiert wurde, sondern es bei reinen Erhaltungsmaßnahmen blieb (anders als in Obruk-Han!).



Damals war das Tor zum inneren Abschnitt der Herberge aus Gründen der Erhaltung zugesetzt, nun strömen Scharen von Besuchern hindurch. Elitär auf Touristen herabzuschauen, weil man nur wenige Jahre früher da war, ist hohl, wie stünde Dottore anson-sten vor Haynes dar.

Freuen wir uns darüber, dass sehr viel noch da ist, kein Bombenkrieg die Errungenschaften der Menschheit wegblies wie das Schloss in Hannover, die Kirche in Dresden, beides nun als modernes Rekonstrukt wieder zu besehen.

Pecunia olet – eine anrüchige Sottise


Der häufig zitierte Spruch des Kaisers Vespasians lautet umgekehrt: Pecunia non olet, Geld stinkt nicht. Fast immer wird die Herkunft der Redewendung damit in Verbindung gebracht, der Kaiser habe eine Art Benutzungsgebühr der öffentlichen Latrinen für das Wasserlassen erhoben, in Wirklichkeit wurde aber das Sammeln des Urins besteuert. Der wurde nämlich dringend gebraucht, weil die Römer keine Seife kannten, also möglichst angegammelten Urin brauchten, um Wäsche zu reinigen. Die Wäschereibesitzer mussten nach dem Willen des findigen Kaisers das Sammeln des benötigten Rohstoffes versteuern.

Seitdem Pantalone Steuern entrichten musste, ist ein Teil auch seiner Zwangsabgabe an den Staat dafür verwendet worden, Autobahnen zu bauen. Eine einmal gebaute Straße wird jedoch häufig benutzt, nach einem gewissen Zeitraum ist eine Reparatur ggf. eine Grundsanierung notwendig, ergo muss weiter gezahlt werden. Jedoch beschädigt selbst häufiges Pinkeln in die Urinale der Raststätten diese Geräte nicht. Gleichwohl wurde dafür seit mehr als einem Jahrzehnt eine Abgabe erhoben, die als Benutzungsgebühr kaschiert wurde. Bei der Änderung wurde dem mündigen Bürger vermittelt, er könne das Entgelt wieder dadurch wettmachen, dass er danach für die dabei errungene Pissmarke im gleichen Wert bei der Raststätte etwas erhalten könne, so als sei der mündige Bürger ein Durchlaufapparat, der alsbald nach der teilweisen Entleerung wieder aufgefüllt werden müsse. Das Ganze sei also – so die bemäntelnde Argumentation damals – kostenneutral.

Festzustellen bleibt, nunmehr müssen € 0,75 entrichtet werden, von denen nur € 0,50 in der Form von Cappuccino erstattet werden.

Insgesamt bleibt also festzuhalten:
1.
Der Staat hält den mündigen Bürger für ein vergessliches Wesen, weil er sich nicht mehr an sein Versprechen bei der Einführung der „Gebühr“ erinnern wird.
2.
Der mündige Bürger muss durch seine Steuern etwas bezahlen, nämlich den Bau von Raststätten, was dann der Staat privatisierte zum Nutzen der nun privaten Betreiber, denn Gewinne dürfen auf keinen Fall vergesellschaftet werden.
3.
Klappt dann der private Reibach nicht, sprich: ist das Pinkulatorium nicht ein lohnendes Nebengeschäft, nun einfach, dann darf der private Betreiber eben dafür nach Belieben Geld verlangen, so als habe er die Einrichtung erbaut.
4.
Da das Pinkeln an Rastplätzen untunlich ist, sind Berufskraftfahrer gehalten, die teuren Pissoire der Tankstellen zu benutzen. Nach einer Anweisung des Bundesfinanzministeriums müssen sie aber darüber Belege sammeln, damit ihnen die entsprechenden Auslagen erstattet werden können.

Schäuble fällt weit hinter Vespasian zurück. Dabei haben die Römer bei der Verrichtung ihrer diesbezüglichen Geschäfte noch zum einen freundlich nebeneinandergesessen, was unüblich geworden ist. Zum anderen konnten sie ihrer Phantasie noch nachhängen, waren doch bisweilen die notwendigen Gerätschaften anheimelnd ausgestattet, hier in der Form des Streitwagens, wie er beim Triumphzug benutzt wurde.

  
Wenn also heute die Privatbetreiber Pantalone ein Urinal zur Verfügung stellten, in den auf der Rückwand ein Schlitz mit Glasabdeckung eingebaut wäre, in den man das Bild des jeweiligen Hasssubjektes einschieben könnte, dann wäre Pantalone gerne bereit, dafür eben jene € 0,25 mehr zu entrichten, Kapitalismus muss eben ideenreich sein, wenn schon, denn schon.

Donnerstag, 22. November 2012

3 Sat windschlüpfrig im Trend


Als Dottore vor Jahren beschloss, künftig an der Faszination des bewegten Bildes nicht mehr teilzunehmen, also kein Fernsehen mehr anzuschauen, da hatte er plötzlich pro Tag drei Stunden mehr Lebenszeit gewonnen, die zuvor mit Unzufriedenheit und der Hoffnung auf deren Ende (i.e. Zappen) vergeudet wurden. Nur noch, wenn die holde Gemahlin ruft, dann geht Dottore zum Apparat. Der heutige Ausflug (22.11.2012) dahin endete nach kurzer Zeit, weil berechtigter Zorn in ihm aufstieg.

Bei 3 Sat war ein Film zu sehen, der sich mit dem Schwarmverhalten von Tieren beschäftigte. In der Sequenz über blinde Ameisen wurde die These aufgestellt, kein einzelnes Wesen wisse über die Gesamtheit des (Ameisen-)Staates Bescheid, gleichwohl würde alles geregelt. Bevor die Regelmechanismen – sicherlich eine Pheromonsteuerung – erläutert wurden, verließ Dottore den Sitzplatz. Grund für den wütenden Abbruch war die mehrfach wiederholte, nur Bruchteile von Sekunden dauernde Überblendung von Menschenströmen an Verkehrsknotenpunkten in die Bilderfolge von Ameisengewusel. Selbst ein späterer, vielleicht sogar korrigierender Kommentar über den Unterschied von menschlichem Verhalten zu tierischer Instinktsteuerung vermag den bildhaften Eindruck der Gleichsetzung nicht auszugleichen. Die unterschwellige, zudem immer wiederholte Bildfolge wäre zwar schon in einer Werbesendung unverfroren, aber derartige Meinungsmache in einem sich wissenschaftlich gerierenden Film ist undemokratisch, was bilden sich solche Filmemacher bloß ein? Daran ändert auch der Titel von der „Intelligenz der Masse“ nichts. So verwundert es Dottore nicht, dass Teile des Filmes in den USA gedreht wurden. Solch menschenverachtendes Machwerk wird nun selbst in 3 Sat uns zugemutet. Skobel hin oder her, dem Zeitgeist wird alles geopfert, da hauen auch Kulturzeit oder nano den Karren nicht mehr aus dem Dreck. Irgendwann habt Ihr alles auf RTL-Niveau, aber dort seid Ihr selbst schon angelangt!

Mittwoch, 7. November 2012

Pantalones Griechenlandbilder


„Letztlich kann ich mich Pantalones Ansinnen nicht wiedersetzen, er möchte unbedingt einige seiner Griechenlandbilder vom Oktober 2012 in den Blog gestellt sehen. Dabei wäre es dem Sinn eines Blog entsprechend, wenngleich bislang in diesem eher nicht über die jüngst zurückliegenden Belanglosigkeiten der Autoren berichtet wurde. Aber da er die Bilder von Sebah so schön aufgepeppt hat, soll er doch auch mit seinen eigenen glänzen dürfen, wenngleich hinsichtlich der „alten Photographien“ noch Arbeit seiner harrt!“

„Das gönnerhafte Gebaren dieses bologneser Wichtigtuers ist kaum zu ertragen, dabei ist der Blog an erster Stelle nach mir benannt, was eben schon seinen Grund hat. Aber zu den Bildern: Meine geliebten Panoramen kann ich in diesem Medium nicht zeigen, auch habe ich keine Bilderserien gemacht, also nur ´Bruchstücke einer großen Konfession`; die Diaabende von vor 50 Jahren sollen nicht im Netz wiederholt werden, obwohl man sich leichter abseilen könnte, auch gibt es weder Bowle, noch Salzstangen.“


Nördliche Ante des Poseidontempels in Sounion

Die Begeisterung über Lord Byron hält sich in Deutschland in Grenzen, aber in Great Britain ist der Ruhm des Märtyrers für die Freiheit der Griechen ungebrochen. Er starb im April 1824 in Mesolongi („Mitten in den Lagunen“) vor der eigentlichen Belagerung an Malaria. 


Grottenbauwerk am Kynthos auf Delos

Auch die Griechen liebten die Nostalgie, nicht nur polygonales Mauerwerk war wieder in hellenistischer Zeit beliebt, auch ansonsten gab man sich gerne urtümlich. Und so stammt denn diese Grotte, dem Herakles gewidmet, aus der Ära des Exportes griechischer Kultur.


Außenmauer der Kapelle des Frankenkastells auf Paros in Paros

Die enge Gasse erlaubt im Grunde keine verzerrungsfreie Aufnahme, das Bild der Kollage der Steine früherer Tempel ist selbst zusammengesetzt. Ohne die Möglichkeiten elektronischer Bildbearbeitung, die sich konkret der Bildherstellung nähert, ist das Bild nicht denkbar. An diesem Teil des Bauwerks sind dorische Bauteile verwendet, ganz oben wohl ein hellenistischer Rundbau.


Löwe nahe des Ortes Chora auf Kea

Was den ionischen Bildhauer bewogen hat, aus diesem schiefrigen Kalkstein den Löwen zu hauen, obwohl es doch auf den Nachbarinseln solch berühmten Marmor gab, bleibt ungeklärt. Das fast 6 Meter lange Tier legt etwas flach da, schaut aber zutraulich drein. Ob die nahegelegenen Felsabarbeitungen auf ein Heiligtum schließen lassen?


Musterkapitell im Museum von Epidauros

Ob es wirklich von Polykleitos stammt, sei dahingestellt. Jedenfalls sieht es so aus, als wolle es die von Vitruv geschilderte Entstehungsgeschichte illustrieren, vielleicht aber war Kallimachos vorher in Bassae und hat nur abgekupfert bzw. akanthurisiert.


Die Akropolis über dem Häusermeer Athens

Heute gibt es die Speerspitze der Athene Promachos nicht mehr, die den Seeleuten ab Kap Zoster im Saronischen Golf schon zeigte, wo die Akropolis sich erhob. Trotz des Seeganges musste ein Bild hergestellt werden, dies ist das letzte, was gebilligt wurde, 34 wurden gelöscht. Erschreckend der Abbau alter Bausubstanz beim Parthenon, Anastilosis gerät zum Puzzle.


Einschlagstelle einer Kanonenkugel an der dritten Säule des nördlichen Pterons des Parthenon

Man mag nicht glauben, dass das Geschehen 325 Jahre her ist, so frisch sieht die Verletzung des pentelischen Marmors aus. Ja, ja, die lüneburgischen Artellerieleutnants.


Ansicht eines Fragments des technischen Gerätes von Antikythera im Nationalmuseum

Zu leicht folgt man den Spuren der frühen Archäologen, die nur Kuuuunst in Hellas sahen, waren sie doch alle nur auf Altertum spezialisierte Kunsthistoriker. Dieses Gerät zeigt, auch feinmechanisch hattens die Griechen drauf. Es war wohl ein Kalendarium, hatte verschiedene Anzeigen, die Geozentrik war noch nicht überwunden.


Kapitell vom Schatzhaus der Sikyonier in Delphi

Die Gurkenstädter konnten bodenständig nicht mit der Eleganz der inselionischen Bauherrn  mithalten, jedoch ist dies Kapitell beschwingt, die der dorischen Ordnung nachgesagte männliche Schwere ist ihm nicht eigen.


Ornamentdetail vom Tor des Schatzhauses der Siphnier

Die berühmte Zeusstatue aus Olympia ist wahrscheinlich in Konstantinopel vergangen, aber auch heute gibt es noch einen Gegenstand, dessen Ansicht „einen nie mehr ganz unglücklich“ werden lässt, das Schatzhaus der Siphnier, zuerst im Heiligtum und dann im Museum. Ach, gehet hin und sehet selbst.


Getriebe im Innern der Mühle in Theben

Die berühmte Stadt ist sehr knauserig bei der gegenständlichen Darbietung ihrer Vergangenheit. Aber auch unabhängig davon wird Pantalone von der Technik vergangener Zeiten angelockt, hier von einem großen oberschächtigen Mühlrad außen und den Resten der Maschinerie im Bauwerk.


Megaron A in Thermos

Fast alle Tempel hatten ihre Vorgänger, aber bei keinem kann man es so schön sehen, wie hier in Thermos. Das lange Megaron hat vorne Anten, hier sind die kleinen Mauern zu sehen, die den apsidialen Raum abtrennten. Gepriesen sei, dass hier nicht schon der gleiche Stein wie beim Apollontempel verwendet wurde, dazu anderenorts einmal mehr.


Treppenspuren im Halbrundturm der Festungsmauer in Paravola

Die rechteckig großen Vertiefungen bargen die Ansätze für steinerne Einkragungen zur Stützung der Treppenstufen, die in den kleinen Rechtecken in die Mauer hineinragten, waren diese nun aus Holz oder Stein?


Umgekehrt daliegende, unterste Trommel einer Säule des Zeustempels in Stratos

Ob der vielen Unfertigkeiten allerorten neigt man zurecht der Ansicht zu, sie seien beabsichtigt. Warum sich noch die Mühe der Kannelierung machen, der Betrachter zieht die Kanneluren vor seinem geistigen Auge doch hoch! Aber, Ihr faulen Hunde, die herrlichen Schatten der Kanten im scharfen Licht von Hellas habt Ihr vergessen, das ist doch der Grund, warum Eure Säulen gegenüber den ägyptischen Blunsen so lebendig sind!


Justinianische Stadtmauer in Nikopolis

Der schon in frühbyzantinischer Zeit grassierende Bevölkerungsschwund machte die langen Verteidigungsmauern der Spätantike schwer besetzbar, die Stadt Nikopolis nahm nur noch ein Viertel der ursprünglichen Fläche der Ansiedlung ein. So wurde aus dem Kreis der alten Stadt ein Viertel abgetrennt, dies ist ein Abschnitt einer der beiden radialen Mauern.


Bergstraße in Kassope

Ein sich leicht einschleichender Fehler in der Betrachtung alter Gegenstände ist die Robinsonade, also die Projektion gegenwärtiger Alltäglichkeit in die Vergangenheit. Das verdienstvolle Projekt, sich mit dem Wohnen des antiken Menschen zu beschäftigen, wird bisweilen dadurch belastet, sehr zur Freude der Gewandfältler, die sich dann darauf stürzen. Im Jahre 300 vor Chr. gab es noch keine Bausparkasse, gleichwohl gelang dem Wortführer dieser Forschungsrichtung ερυϑρερημος für die hippodamische Betrachtungsweise zu begeistern, wenngleich der verabsolutierte Gedanke der  Isonomie den Schwaben wohl kaum geschmeckt hätte.


Restaurierungsarbeiten im Theater von Dodona

Wenn einmal im Jahr bei den Festspielen das Theater benutzt wird, dann braucht man doch die einzelnen Sitzreihen nicht so tief im Felsen gründen, dachten sich die Thesproter, zudem werden wir sowieso von den Molossern vertrieben, also was soll´s. Nun haben die Griechen die Last mit schwierigen Restaurationsarbeiten.


Stadtmauer mit Brüstung und Ausfalltor in Oiniadai

„Ich muss es gestehen, statt sich der Ruinen auf der nördlichen Straße zu nähern, um dann die berühmten Werften und das Theater zu sehen, bin ich auf der südlichen Straße dorthin gefahren. Die Stadtmauer ist sicherlich schön getroffen, aber die Stätte ist äußerst weitläufig, so habe ich nur die urtümelnden Mauern aufnehmen können.“


Unterteilungsmauer mit Öffnung in Zisterne in Pleuron

Der Schlamm und die Steine der Jahrhunderte werden aus der großen Zisterne per Kran entfernt. Der Haken dabei ist, es bleibt unklar, wie die Zisterne zum umgebenden Felsen abgedichtet war, karrt man mit dem Schlamm auch dichtenden Lehm ab? Die Trennmauern halten einen handbreiten Abstand vom Felsen ein. Und dann noch in späthellenistischer Zeit Kraggewölbe!


Ausschnitt der Cavea des Theaters von Kalydon

Man ist geneigt, die allmähliche Einführung der Rundung beim Bauen der Cavea anzunehmen. Weiter unten wird der Richtungswechsel der Sitzstufen noch bouleuterisch in einem Winkel vollzogen, nach oben wird er thorikoisch gerundet. Die Stätte hinterließ den Eindruck unsystematischer Ausgrabung, jeder mal ein bisschen das, was ihn interessierte.


Blick aus der Pension in Korinth

Neukorinth ist ein gar kalter Ort, hippodamisch zu bauen ist heute so kurzweilig wie ohne Pferd. Jenes sich an die Ausgrabung anschmiegende Örtchen ist zwar auch einfach, aber die Blicke auf Akrokorinth und eben auf den Tempel erfreuen den Gast. Da die Stätte früh schließt, die Busse verschwinden, bleiben nur die Einzelreisenden übrig, sie sind für andere Gäste er- , für die Beherbergungsinhaber einträglich, also ein gutes Standquartier.


Becken im Baptisterion in der Basilika in Lechaion

Die über 100 m lange Basilika überstand das erste starke Erdbeben nicht, aber das Baptisterion war danach noch mehrere Jahrhunderte ein spiritueller Ort. Sorgfältig inkrustiert sieht dieses Becken in der Nische wie eine Sitzbadewanne aus. Ob man dort die Kinder tauchte?


Epistyl vom Heraklestempel in Kleonai

Verloren, aber nicht ganz vergessen harrt der Tempel unterhalb der heutigen Ortschaft der Besucher. Sein weicher Stein war verputzt, die wenigen Feinheiten des dorischen Kanons sind abgewittert. Da der Tempel inmitten der Weinberge liegt, werden die Erbauer vorausschauend an Rubens gedacht haben, der den betrunkenen Heros so schön darstellte, nicht so zum Manneken Pis verniedlicht wie in der Antike.
  

Säulentrommeln in Nemea

Wie lange noch kann diese Ruinenromantik der scheibchenweise daliegenden Trommeln dem Ansinnen der Anastilisten sich widersetzen? Ununterbrochen wird am Säulenkranz gehäkelt, statt wie zuvor drei stehen nun schon 9 Säulen aufrecht, in der Steinwerkstatt werden völlig verwitterte Teile des Gebälks in einen Jungbrunnen gesteckt. Was werden die Menschen im Jahre 2062 in Nemea nicht alles sehen können?


Detail des römischen Bades in Isthmia

Im Grunde genommen ist Isthmia so wie Korinth völlig verheert, die oberirdischen Reste sind auf Fußballgröße reduziert. Abseits liegt das römische Bad, dessen Boden im Caldarium verschwunden ist. So ragen nun die lastenfreien Kleinsäulen auf, die ich am liebsten Hypostaten nennen würde, aber sie heißen: römisch pila, französisch pilette de briques, deutsch Ziegelpfeiler, englisch brick pillar, italienisch pilastrino; aber Hypostaten ist schöner.
  

Mittwoch, 12. September 2012

Sebah 15 und Griechenland


„Also ich finde, du drückst dich davor, nun endlich diese vorab letzte Bilderserie von oder über Sebah anzufertigen.“
„Gut Ding will Weile haben!“
„Da stehen dir die Bilder nun schon Wochen zur Verfügung, und du schreibst über politische Sachen, Bilder kommen außer der dämlichen Küchentüre nicht vor.“
„Hast du keine Bilder mehr von Sebah?“
„Ich nehme doch schon Rücksicht auf dich. Die meisten gibt es aus Ägypten, aber das interessiert dich doch nicht, aber auch von türkischen Stätten habe ich noch so einiges.“
„Mir würde aus Ägypten gefallen, die Straßenbilder der einzelnen Photographen miteinander zu vergleichen, eine Serie über die Türkei steht noch aus, dann wäre über die Verwendung der Bilder von Bonfils bei Theodor Wiegand in archäologischen Büchern etwas aufzuzeigen, das haben wir schon vor ganz langer Zeit angekündigt.“
„Pläne, Pläne, nichts als Pläne. Jetzt geht’s darum, Serie 15 von Sebah fertigzustellen.“
„Du machst Druck, das beflügelt mich nicht.“
„Schreib etwas über die Nike der Athener, da brauchst du keine Flügel, mein zartbesaiteter Dottore! Los, jetzt ran an den Speck!“


Diese Aussicht werden in Zukunft nur einige wenige Auserwählte genießen können, und auch nicht mehr das Gleiche sehen. Manoles Korres hat dort nicht nur wiederherstellend, sondern auch forschend wiederaufgebaut. Also nicht nur schlichte Anastelose, sondern auch eine Fülle neuer Erkenntnisse, so beispielsweise die Richtplatte. Jeweils zwei dienten dazu, die einzelnen Trommeln der Säulen – Oberseite der unteren und Unterseite der oberen – einander anzupassen mit der schier unglaublichen Genauigkeit von 1/1000 Millimeter, feststellbar an der hauchdünnen Rötelschicht. Zwischenzeitlich ist die Peristasis wieder aufgebaut, die Wände des Parthenon wurden aus den herumliegenden Orthostaten und sonstigen Brocken und neu gewonnenen Steinen aus den alten Brüchen wieder hochgezogen. Nur ist fraglich, ob auch die Fenster neben der Zugangstür zu sehen sein werden, dazu müssen die Wände erheblich aufgestockt werden, mehr als wohl die abgesegnete Anastelose zulässt. Aber bei der genauen Untersuchung der großen und hohen Randmauer der Akropolis haben die emsigen Anastelisten noch Teile des Tempels entdeckt, die dort eingemauert waren, also wenigstens insoweit nicht neue.


Für das nächste Bild hat sich Sebah einfach um sich selbst gedreht, schon konnte er die Propyläen nebst Frankenturm ablichten, in anderen Sprachen heißt er Venezianischer Turm. Auf dem Bild sieht man, dass auf der Akropolis damals das herumliegt, was man in Südhessen Gelersch nennt; für die Anastelisten wahrscheinlich zu Tränen rührende Reliquien, die heute nun aufgefädelt, miteinander verbabbt und mit neuem Stein aufgepeppt werden. Reliquienkult ist und bleibt die Beschäftigung mit dem Surrogat; rechte Soziologen und Tourismusmanager denken eben an die „Masse“, vergessend, dass sie sie selbst bilden. Im Hintergrund ein leeres Tal in Richtung Piräus, die in der Bildmitte sichtbare Brücke könnte für die Piräusbahn gebaut worden sein. Der Pnyx grüßt vom linken Seitenrand.


Was haben die Athener nicht alles unternommen, um für immer siegreich zu sein. Der Nike (eigentlich eine Sonderform der Athena) haben sie die Flügel weggenommen, um sie in Athen zu halten. Mit solchen Maßnahmen kann man jedoch nicht das Glück zwingen, zumal wenn man in Hybris verfällt, das Unternehmen Syrakus war deren Ausfluss; auch hatten sie nicht „Faust“ gelesen und wussten daher nicht, „wie sich Verdienst und Glück verketten“, das fiel den athenischen Toren nicht ein. Wenn man scharfe Ohren hat, dann kann man den  Niketempel summen hören, er säuselt „Auferstanden aus Bastionen“ vor sich hin, singen kann  er es nicht, denn zu oft seit 1836 ist er immer wieder aufs Neue zusammengepuzzelt worden. Zuerst haben der Archäologe Ross und die Architekten Schaubert und Hansen seine Steine aus der türkischen Bastion vor den Propyläen geklaubt und ihn dann am alten, engen Platz zusammengesetzt. Darüber haben sie ein Buch geschrieben, dessen großformatige Bilder biedermeierliche Kunstwerke sind, allerliebst, der Zartheit des Tempels angemessen. Die nächsten beiden Male später wusste man alles eben viel besser.

Der Sockel des Tempels ist ein mehrfach ummantelter Wehrturm aus mykenischer Zeit, an einer Stelle ist – von den Treppen der Propyläen aus zu sehen – für einen Blick auf die alten Mauern eine Aussparung gelassen worden. Oben war ursprünglich ein kleines Heiligtum, dessen Reste unter dem Tempel vorhanden, aber nicht zu besichtigen sind. Dieser Platz, also die Deckfläche des Turmes, war der zugewiesene Baugrund. Das Problem, auf kleinsten Raum ein ansprechendes Bauwerk zu errichten, hat der Architekt großartig gelöst.


Höhlen üben auf viele Menschen eine eigenartige Faszination aus, die Dottore nicht nachvollziehen kann. Dunkel, kühl und feucht empfindet er nicht als besondere Reize, feucht, warm und pulsierend ist etwas anderes. Je nun, also werden Höhlen zu mystischen Orten, alles und jedes kann man in sie hineingeheimnissen. In Höhlen nahe deutscher Städte haben meist berüchtigte Räuber oder Wilderer gehaust, in Athen hat man Sokrates in diese Keller der dort früher stehenden Häuser verbannt. Die letzte Handlung dieses gewitzten und widerborstigen Philosophen war die Sorge um einen zu opfernden Hahn, gerade als wollte er das Fehlurteil über ihn damit kassieren. Die Griechen hatte viele Heroen, meist forsche Städtegründer, aber Odysseus und Sokrates waren wirkliche Helden.


Diese letztlich spät-byzantinische Kirche ist den Heiligen Theodoren geweiht, die in der westlichen Kirche zu einem Theodor verschmolzen sind. Er soll ein Bruder des Heiligen Georg gewesen sein, gehört also zu der Garde der soldatischen Heiligen, die, statt in der Schlacht zu sterben, lieber als Märtyrer ihre Tapferkeit zeigten. Es ist eine der typischen Kreuzkuppelkirchen, die erbaut wurden, als die byzantinische Kunst schon erstarrt war. Alles war festgelegt, für jede auszumalende Ecke stand nur die kanonisch festgelegte Heiligenfigur oder das Ereignis aus dem neuen Testament als Motiv zur Verfügung, da schleicht sich dann doch eine gewisse Langweile ein. Aber äußerlich sind sie durch das Kästelmauerwerk angenehm anzuschauen, zumal, wenn antike Spolien eingefügt sind.


Neben der Tomate und der Kartoffel ist die Agave eine der angenehmen Errungenschaften, die aus Amerika stammen. Sie wächst manchmal mehrere Jahrzehnte so vor sich hin, bis ihr einfällt, sie müsse zur Erhaltung ihrer Art nun mal doch blühen. Diese Periode hat Sebah eingefangen, die Agaven scheinen regelmäßig angepflanzt zu sein. Da haben die Amerikaner sich den europäischen Gebräuchen angepasst: Schon in der Antike hatte man parallel der Längsseiten des Tempels Pflanzengruben in den Felsen geschlagen, um – präzise bezogen auf die Säulenstellung –  dort mit dem Grün von Gewächsen den Hephaistos zu erfreuen, dem der Tempel geweiht war, mit Myrten und Granatapfelbäumen hat man das anderenorts auch so gemacht.


Zuerst war in Daphni ein Heiligtum für Apollo, das wurde in frühchristlicher Zeit getilgt, um einer Kirche Platz zu machen, allerdings wurden die Steine weiterverwendet. Um die Jahrtausendwende erneuerte man den Bau, er ist der Kern des heutigen Gebäudes, zugleich wurde das anliegende Kloster errichtet. Nach der Eroberung Moreas durch die Franken kamen deren Mönche, Zisterzienser, in den Besitz des Klosters. Die vielgeschmähte Turkokratia führte jedoch dazu, dass wieder orthodoxe Mönche das Kloster besetzen konnten. Erst als diese den Kampf um die nationale Identität und Befreiung zu arg betrieben, wurden sie nach 350 Jahren verjagt. All das haben die dortigen Mosaike überstanden, aber das Erdbeben von 1999, das andererseits zu einer Annäherung der gleich geplagten Nationen führte, setzten ihnen zu. Mal sehen, was alsbald wieder zu bewundern ist.


Über die als Unsitte bezeichnete Übung, Gegenstände der Umgebung mit Handmalereien zu überziehen, herrschen unterschiedliche Auffassungen vor, je nach dem, ob man Hauseigentümer ist oder nicht. Bei der Betrachtung unserer Städte fällt die zunehmende Gleichartigkeit des Aussehens auf, die Gestaltung der Stadtbilder wird denen überlassen, die die Kohle haben, also dürfen Douglas, Deichmann und Konsorten dort sich austoben. Andere Menschen sind zur Darstellung ihrer Sicht der Dinge nur an ausgewählten Bauwerken zugelassen, meist dann, wenn sie suspekt in der Achtung der Bürger sein sollen wie die Berliner Mauer. Tags mit dem breiten Eding sind überall zu sehen. Dabei wird es fast immer als lästig angesehen, wenn der Einzelne – wie in der Nachkriegszeit der anonyme, allgegenwärtige Killroy – versucht, seine kümmerliche Existenz dadurch zu überhöhen, dass er markiert, also glaubt, sich mit seinem Namen verewigen zu müssen. Wird der Grafitteur dann später berühmt, dann lässt die Marke den Bürger erschauern, so das goethische Gekratze in Straßburg, hier die byronschen Runen in der Ante des Tempels zu Sunion.

Also ihr Sprayer werdet berühmt wie Harald Naegeli! Mir gefallen Eure Werke, weil sie anders aussehen als die immer gleiche Konfektion der fetten Händler. 


Nur der Tempel mit seinen monolithen Säulen ist von der alten Herrlichkeit dieser Stadt übrig geblieben. Schon früh machte sie den Schritt aus der Adelsherrschaft, der – wie beim Übergang zu demokratischen Gemeinwesen häufig – den wohl notwendigen Umweg über die Tyrannis nahm. Die schwarz-rote Keramik dieser Stadt war vor der attischen führend. Jedoch stand sie immer zwischen den Antipoden Athen und Sparta, wobei deren Gegensatz meist nicht der zwischen Demokratie und völkischer Monarchie war, sondern ein Kampf um die Hoheit einschließlich der Machterstreckung. Mochte sie sich auch Jahrhunderte durchlaviert haben, 146 vor Chr. war Schluss, die Römer zerstörten die Stadt, bis auf den Tempel. Die Stätte lag 102 Jahre „wüst und leer“, erst dann besann sich ein Römer, ein gewisser Julius Cäsar, sie wieder aufbauen zu lassen, zu seinem Lob versteht sich. Es ist also eine römische Trümmerstätte, sogar noch mit einem Amphitheater für die neuen Herren, die das garstige Geschehen dort liebten.



Was Melbourne, Paris, Wimbledon und New York für die Tennispieler heute sind, also der Grand Slam, wenn man überall siegt, das waren für die griechischen Athleten Olympia, Delphi, Isthmea und Nemea. Damals wie heute gab es Berufssportler, also immer schon die Negation des Gegensatzes von Homo Faber und Homo Ludens. Ehrgeiz wird eben durch Geldgewinn angestachelt. Wer sich dann über Doping aufregt, hat die Regeln dieses Gesellschaftssystems immer noch nicht verstanden. Erster wird man nur mit allen Mitteln, das ist bei Volkswagen genauso wie bei Contador.

Die Sucht oder der Druck zur Anastelosis hat auch hier zu einer Vermehrung der aufrecht stehenden Säulen geführt, auch die Amerikaner konnten sich nicht widersetzen. 1962 reckten sich wie einst nur drei Säulen empor, als Dottore dort nächtigen wollte. Er legte seinen Schlafsack unter das Epistyl, ein Erdbeben nicht fürchtend. Und wenn doch? Dann wäre die Nachricht, „deutscher Student von Säule erschlagen“ doch die Verkürzung des Daseins wert; ach, immer diese Todessehnsucht der Deutschen!



Der Kriegsgewinnler Schliemann büßte die anrüchige Weise seines Gelderwerbes kompensatorisch mit der Hinwendung zur Wissenschaft ab. Die Erträge seiner früheren bedenkenlosen Raffgier ermöglichten es ihm nun, „am jeweiligen Ort seines Interesses eine Grabungslizenz zu kaufen“. Seiner Hellenophilie gab er durch die Heirat mit einer jungen Griechin statt, genauso wie er zuvor eine Russin geheiratet hatte, um seine Geschäfte in deren Heimat abzusichern. Das Bild muss 1876 gemacht worden sein, heute sieht eine 24-jährige Frau anders aus als die abgebildete Sophia Schliemann. Sie darf die Ausgrabung des Grabes leiten, das nach Klytämnestra benannt wurde. Die eigentlichen Arbeiter (Wer baute das siebentorige Theben?) stehen scheu im Tholos, dessen Kraggewölbe noch nicht wiederhergestellt ist, so wie der Bau heute zu sehen ist. Für wirklich beachtenswert hält Dottore das Kymation rechts am Sturz, das ein Vorläufer des dorischen sein könnte, die Dorer aber waren noch gar nicht zu ihrer Wanderung aufgebrochen. 



Was macht man, wenn man (fast) unausweichlich Opfer einer Nötigung geworden ist? Dauert die Zwangslage an, so erscheint es opportun, solange darüber zu schweigen. Das Gegenteil macht die Theodor-Wiegand-Gesellschaft; um ihre Bedeutung zu unterstreichen, stellt sie ihre finanzielle Leistung zugunsten der Errichtung einer Säule des Zeustempels in Olympia heraus, die zu den Olympischen Spielen 2004 in Athen errichtet werden musste. Alle vernunftbegabten Wesen waren sich darüber einig, dass der mit Muschelschalen durchsetzte Kalkstein eine Anastelosis nicht zulässt, das Ergebnis ist gleichwohl technisch gelungen, ansonsten verhunzt dieser unverputzte Solitär die Ruine. Sie hat den gleichen Charme, wie Perry´s Victory Monument in der Put-in-Bay in Ohio, ungeschlacht und isoliert.

Der Preis für die Weitergewährung der Grabungserlaubnis ist hoch gewesen. Das aufgewendete Geld wäre für Brandschutzmaßnahmen in der Umgebung der Stätte zur Sicherung vor Waldbränden richtiger angelegt worden. Heute nun schimmert die Zwangssäule durch das Grün. Es gemahnt an das Verhältnis vom Eigentümer und Nutzer, von der Möglichkeit zur Impertinenz durch Eigentum.



Paul Baron des Granges war ein Nachfahre französischer Adliger, die nach Preußen geflohen waren, er lebte seinerzeit auf seinen Gütern in Griechenland. Seine Aufnahmen können mit denen der besten damalige Berufsfotografen wetteifern. Zu sehen ist der Sturz des inneren Tores.

Dottore war zuletzt im September 2009 in dem kreisrunden Zwinger zwischen äußerem und innerem Tor, durch den eine wenig benutzte Straße führt. Beim Passieren fiel ihm die akustische Qualität des Bauwerkes auf. Also stellte er im Mittelpunkt des Zwingers den Mietwagen ab, öffnete dessen 4 Türen, jede Türe hatte einen Lautsprecher. Aus ihnen erklang nun die Symphonie Nr. 100 von Haydn. Dottore saß am Rand und genoss es. Während der gesamten Symphonie kam kein Auto, lediglich ein Touristenehepaar, das ihn scheu taxierte. Man sollte dort mehr Konzerte veranstalten.


Die Vorstellung, die Griechen unterhielten große Reedereien, ist durch die Nachkriegsabläufe geprägt, durch Namen wie Onassis und Niarchos. Aber schon weit vorher waren die Griechen mächtige Reeder, so zur Zeit der Turkokratia, als die Inseln in der Ägäis zum Osmanischen Reich gehörten. Damals unterhielten die dortigen Inselgriechen eine Handelsflotte, die als Folge des Schwächelns des „kranken Mannes am Bosporus“ zuerst eine eigene Flagge hatte und dann das Recht erwarb, unter russischer Flagge zu fahren. Sie beherrschte die Handelsschifffahrt des östlichen Mittelmeeres. Daher sind auf dem Bild solch viele Schiffe zu sehen. Heute läuft man Syros gerne ein, wenn man eine Patenthalse gefahren hat und deren Folgen zu beseitigen sind.

Pantalone fragt: „Das Letzte verstehe ich nicht; warum hast Du ein Bild von Syros haben wollen?“

Dottore meint dazu, die Bedeutung möge im Arkanbereich verbleiben, der Skipper verstände den Satz allerdings schon.