Samstag, 22. Dezember 2012

Pecunia olet – eine anrüchige Sottise


Der häufig zitierte Spruch des Kaisers Vespasians lautet umgekehrt: Pecunia non olet, Geld stinkt nicht. Fast immer wird die Herkunft der Redewendung damit in Verbindung gebracht, der Kaiser habe eine Art Benutzungsgebühr der öffentlichen Latrinen für das Wasserlassen erhoben, in Wirklichkeit wurde aber das Sammeln des Urins besteuert. Der wurde nämlich dringend gebraucht, weil die Römer keine Seife kannten, also möglichst angegammelten Urin brauchten, um Wäsche zu reinigen. Die Wäschereibesitzer mussten nach dem Willen des findigen Kaisers das Sammeln des benötigten Rohstoffes versteuern.

Seitdem Pantalone Steuern entrichten musste, ist ein Teil auch seiner Zwangsabgabe an den Staat dafür verwendet worden, Autobahnen zu bauen. Eine einmal gebaute Straße wird jedoch häufig benutzt, nach einem gewissen Zeitraum ist eine Reparatur ggf. eine Grundsanierung notwendig, ergo muss weiter gezahlt werden. Jedoch beschädigt selbst häufiges Pinkeln in die Urinale der Raststätten diese Geräte nicht. Gleichwohl wurde dafür seit mehr als einem Jahrzehnt eine Abgabe erhoben, die als Benutzungsgebühr kaschiert wurde. Bei der Änderung wurde dem mündigen Bürger vermittelt, er könne das Entgelt wieder dadurch wettmachen, dass er danach für die dabei errungene Pissmarke im gleichen Wert bei der Raststätte etwas erhalten könne, so als sei der mündige Bürger ein Durchlaufapparat, der alsbald nach der teilweisen Entleerung wieder aufgefüllt werden müsse. Das Ganze sei also – so die bemäntelnde Argumentation damals – kostenneutral.

Festzustellen bleibt, nunmehr müssen € 0,75 entrichtet werden, von denen nur € 0,50 in der Form von Cappuccino erstattet werden.

Insgesamt bleibt also festzuhalten:
1.
Der Staat hält den mündigen Bürger für ein vergessliches Wesen, weil er sich nicht mehr an sein Versprechen bei der Einführung der „Gebühr“ erinnern wird.
2.
Der mündige Bürger muss durch seine Steuern etwas bezahlen, nämlich den Bau von Raststätten, was dann der Staat privatisierte zum Nutzen der nun privaten Betreiber, denn Gewinne dürfen auf keinen Fall vergesellschaftet werden.
3.
Klappt dann der private Reibach nicht, sprich: ist das Pinkulatorium nicht ein lohnendes Nebengeschäft, nun einfach, dann darf der private Betreiber eben dafür nach Belieben Geld verlangen, so als habe er die Einrichtung erbaut.
4.
Da das Pinkeln an Rastplätzen untunlich ist, sind Berufskraftfahrer gehalten, die teuren Pissoire der Tankstellen zu benutzen. Nach einer Anweisung des Bundesfinanzministeriums müssen sie aber darüber Belege sammeln, damit ihnen die entsprechenden Auslagen erstattet werden können.

Schäuble fällt weit hinter Vespasian zurück. Dabei haben die Römer bei der Verrichtung ihrer diesbezüglichen Geschäfte noch zum einen freundlich nebeneinandergesessen, was unüblich geworden ist. Zum anderen konnten sie ihrer Phantasie noch nachhängen, waren doch bisweilen die notwendigen Gerätschaften anheimelnd ausgestattet, hier in der Form des Streitwagens, wie er beim Triumphzug benutzt wurde.

  
Wenn also heute die Privatbetreiber Pantalone ein Urinal zur Verfügung stellten, in den auf der Rückwand ein Schlitz mit Glasabdeckung eingebaut wäre, in den man das Bild des jeweiligen Hasssubjektes einschieben könnte, dann wäre Pantalone gerne bereit, dafür eben jene € 0,25 mehr zu entrichten, Kapitalismus muss eben ideenreich sein, wenn schon, denn schon.

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