Montag, 24. Januar 2011

Nationalsozialismus und Altertumswissenschaften


Auf dem Bild ist verschiedenes zu sehen:

In der Mitte unter der Reichskriegsaflagge steht der Oberstleutnant Gerhardt, der seinem italienischen Waffengefährten, Commodore Zangini, an den Spuren des Tempels erläutert, wie erfolgreich doch die deutsch-italienische Waffenbrüderschaft seinerzeit gewesen sei: Als die Venezianer Athen belagerten, hatten die Türken die Akropolis befestigt, ihr Pulvermagazin war im Parthenon, wobei sie glaubten, die Europäer würden dorthin nicht schießen. Die venezianische Artillerie unter der Leitung eines lüneburgischen Leutnants zielte und traf den Tempel, der förmlich in die Luft flog. Dies war in der Nacht vom 26. auf den 27. September 1687.

Die andere, rechts im Bild sichtbare Gruppe wird von dem Kriegsverwaltungsrat Bierbichler und seiner Frau gebildet, die wie meine Tante Käthe aussieht. Die Eheleute lassen sich von einem beflissen dastehenden griechischen Fremdenführer den Tempel erläutern. Bierbichler hatte seine Frau „auf dem kleinen Dienstweg“ nach Athen kommen lassen, wobei ihm der Geschwaderchef Geiselhöfer behilflich war (gegen Lieferung von 20 t Treibstoff), hat aber selbst keinen Urlaub, deshalb hat er noch seine Aktentasche dabei. Frau Bierbichler ist zwar enttäuscht, damals 1940 in Paris konnte man schöner einkaufen, aber die Sonne bräunt wenigstens.

Stammte das objektiv gut gestaltete Bild nicht von einem namhaften deutschen Altertumswissenschaftler, der während des Dritten Reiches als Wegweiser tätig war, so wäre es nichts weiter als eines der vielen Kriegsbilder. So aber belegt das auf mich überkommene Diapositiv negativ den Versuch, Arier- und Hellenentum miteinander zu verbinden, wie sonst würde die Reichskriegsflagge so gezielt in der Interkolumnie flattern. Das erscheint uns heute als peinliche Verirrung. Aber, die Verirrungen des Nationalsozialismus waren in anderen Bereichen viel schlimmer. Es gibt eben, wie Horkheimer bemerkte, nichts Richtiges im Falschen.

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