Dienstag, 6. Juni 2017

Padova Freres 7 (Vollversion)

Der Sammelwut des Alter Ego von Dottore sind bekanntlich keine Grenzen gesetzt, ununterbrochen wühlt er sich durch das Internet und hat nun –  dies ist ihm zuzugestehen – eine neue Ernte eingefahren, wenigstens soweit dies die fotografierenden Brüder aus Smyrna betrifft.


An der Geschäftsanzeige ist bemerkenswert, dass die oberste Zeile die türkischen Bewohner anspricht trotz der offenkundigen Nähe der Brüder zum griechischsprachigen Bevölkerungsteil, denn damals wurde die türkische Sprache noch in arabische Schriftzeichen hineingequält. Aber auf den Bildern ist keine wie auch immer geartete Sympathie für den überwiegenden Teil der Bevölkerung Kleinasiens zu erkennen.


Das erste Bildleiste zeigt den dicken griechischen General inmitten der mit ihm sympathisierenden Bevölkerung, nämlich den griechischen Untertanen des Sultans, wie er Fahnen weiht, ein für Militärs ungeheuer wichtiger Vorgang, normale Menschen sehen das weniger ergriffen. Die in Griechenland übliche Nähe der Kirche zum Staat und zum Militär ist auch hier übenommen worden, auf dem linken Bild sind zwei Priester erkennbar. Dass die nicht uniformierten Menschen als Muttersprache griechisch verwenden, ist an ihren Hüten ersichtlich, die Standardkopfbedeckung war der Strohhut, sprich: Kreissäge, während sich die Türken unter dem Fez sicher fühlten. Der dicke Paraskevopoulos galt als Anhänger von Venizelos; das hatte zur Folge, dass er später abgelöst wurde –  ein Vorteil für ihn, so richtete sich später der Zorn der Heimat nicht gegen ihn.


Wenn man jemand als eigenartig, vielleicht sogar als geisteskrank bezeichnen will, dann gebraucht man in der Umgangssprache den Ausdruck „du bist wohl vom Affen gebissen worden“. Genau das geschah aber mit dem König der Griechen mit letaler Folge. Als mit dem Griechentum innig verbundener Fotograf mussten die Padovabrüder natürlich an dem Begräbnis in Athen teilnehmen und darüber berichten.


Die jeweils linken Bilder sind „grottenschlecht“. Pantalone hätte sie normalerweise nie aufgearbeitet, wenn Dottore ihn nicht wegen der Geschichtsträchtigkeit dazu angehalten hätte. Nun ist ein Ersatz für eines gefunden.


Der alte und neue König sah sich also genötigt, das zu tun was er nicht wollte: im preußischen Generalstab ausgebildet hatte eine klare Sicht der Dinge und daher schon lange Zeit den Eintritt Griechenlands in den Ersten Weltkrieg verhindert. So erbte er nun durch den Tod seines Sohnes einen Krieg, den er nie hatte führen wollen. War er während des letzten Balkankrieges noch erfolgreich gewesen, so war jetzt die objektive Situation doch prekär. Die Griechen empfingen ihn fahnenschwenkend mit ihren Ehrenjungfrauen, wobei festzuhalten bleibt, dass das rechte, nicht autorisierte Bild mit Sicherheit von demselben Fotografen gemacht wurde, wie sein Pendant links.


Auch in dieser Reihe ist das linke Bild nicht autorisiert, neben dem Gesamtarrangement stellt die leicht dämlich dreinblickende Ehrenjungfrau auf der linken Seite die Verbindung zu den vorhergehenden beiden Bildern her. Auf dem rechten Bild sieht man ernüchtert den griechischen König, hinter ihm den Kronprinzen.


Von ähnlich miserabler Qualität wie die Trauerbilder ist auch hier wieder das linke, das wohl aus einer sehr frühen Zeit, wahrscheinlich noch vor der Besetzung Smyrnas gemacht wurde. Es ist bemerkenswert deswegen, weil ausländische Offiziere mit Türken zusammen abgebildet sind, damals sprach man noch miteinander und verfügte nicht nur über sie wie über Eingeborene.


Die folgenden drei Bilder sind schon vorab veröffentlicht worden, die Bilder wurden ein wenig gepflegt und aufgehellt, aber inhaltlich ist in der Zwischenzeit nichts Neues hinzugekommen.


Das Geschäft mit den Pressebildern war nur eines, für die alltäglichen Einnahmen sorgten Postkarten, hier sind wiederum zwei abgebildet, nämlich zum einen das liebliche Park der Artemis im kalten Winter und zum anderen die Aquädukte im Annental. Das linke Postkarte ist auch ein Beispiel für die Mischung von Geiz und Nationalbewusstsein. Das Brüderpaar Padova schwamm in der Hochzeit der griechischen Besetzung Smyrnas in dem Strom mit, der schon Stadt und Umkreis als zu Griechenland gehörig zu bezeichnete und so druckten sie dies auch auf ihrer Postkarte ab. Der entsprechende Zusatz “Grece“ wurde allerdings von einem amerikanischen Postkartenverwender schon ironisch angekreuzt, hier aber ist es wohl ein Türke, der die Postkarte benutzte. Dies ergibt sich aus der Datumsanzeige, mit der zugleich die peinliche Zuordnung von Izmir an Griechenland gestrichen wurde, denn gestempelt und mit türkischen Briefmarken versehen wurden diese Postkarten nach der Eroberung von Smyrna durch die Türken.


Hier sind wiederum zwei Sehenswürdigkeiten abgebildet: zum einen der Turm der griechischen Kirche des Hagios Photini, der von allen sehr bewundert wurde, weil es selten solch hohe Kirchtürme in der orthodoxen Kirchenbaukunst gab. Offenkundig ist dabei der Versuch, die himmelstrebenden Minarette mit einem christlichen Gegenstück zu relativieren. Das große Hotel Huck ist schon gezeigt worden, hier nur eine Aufnahme in etwas besserer Auflösung.


Ob die Gebrüder Padova es überhaupt für möglich erachteten, nach eine Änderung der politischen Landschaft in Smyrna geschäftlich weiter tätig zu sein, erscheint Dottore fraglich. Gleichwohl gibt es außer den Pressebildern, den mit „Smyrna Grece“ und PV nebst Nummer kennzeichneten allgemein Postkarten noch diese Art von Bildkarten, die sich durch eine sorgfältige Bildkomposition auszeichnen. Die abgebildeten Gebäude links könnten in Ephesus stehen, was das rechte Bild wiedergibt, entzieht sich der Kenntnis von Dottore.

Wenn jemand glaubt, dass damit Pantalones Sucht, neue Bilder zu suchen, abgeflaut sei, so täuscht er sich. Dottore wird sich in vielleicht zwei Jahren veranlasst sehen, Padova Freres 8 folgen zu lassen, mal sehen, was er bis dahin zusammengekratzt hat.

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