Freitag, 30. Januar 2015

Opfer und Bauernopfer

Erst war die Eisschnellläuferin Pechstein Opfer der Sportbürokraten, jetzt ist die Nachgabe im Sportrecht ihr gegenüber das Bauernopfer für den Erhalt der Sportjustiz. Wir leben im Zeitalter der Parallelwelten, jede Sparte des menschlichen und sozialen Daseins hält sich für dessen Gesamtheit, es gibt „die Wirtschaft“, „den Markt“, „die Kultur“ und eben „den Sport“. Um sich nicht nur so zu fühlen, sondern auch um so zu sein, bedarf man mehr, etwas von der Macht dessen, was über die Gesellschaft hinausgeht, man braucht die Kompetenz des Staates. Der Sport hat es im finanziellen Bereich schon teilweise geschafft, große Veranstaltungen werden von dem IOC und der FIFA nur vergeben, wenn die entsprechenden Länder sich mit der Werbewirkung solcher Meisterschaften in ihrem Lande zufrieden geben; zuvor müssen sie mit erheblichem Aufwand die Sportstätten herstellen, die Einnahmen fließen unversteuert den internationalen Kartellen zu, so als säßen dort überall verkappte Marxisten, die den Lehrsatz beweisen wollten, das Gewinne privatisiert, Verluste vergesellschaftet werden.

Eines fehlt aber derartigen Institutionen noch, die Dritte Gewalt, die Justiz. Wie werde ich nun Unterworfener einer Justiz bar jeglicher demokratischer oder auch nur staatlicher Rechtfertigung? Nun, als jemand, der den finanziell bisweilen, körperlich fast nie erfolgreichen Versuch unternimmt, im Bereich des Sport dadurch zu Geld zu kommen, dass man sich körperlich betätigt, muss man sich dieser Justiz unterwerfen, nicht freiwillig, sondern unter den Bedingungen der Sportfunktionäre. Das tat seinerzeit Frau Pechstein. Nun haben die ordentlichen Gerichte befunden, dass eben dies mit dem nationalen Recht, hier nun dem der Bundesrepublik Deutschland, nicht vereinbar ist. Au weih, was macht nun der Sport, droht ihm doch seine schäbige Justiz bei Eintritt der Rechtskraft wegzufliegen?

Wie der Zufall es will, hat nun justament ein hochrangiges Gremium von Medizinern festgestellt, die Blutwerte von Frau Pechstein könnten natürliche Ursachen haben, die Gremien der Sportjustiz mögen doch den Fall noch einmal aufrollen.

Was wird kommen?

Vor die Wahl gestellt, ob man Frau Pechstein sportgerichtlich entschuldet und darüber hinaus ihr einen erklecklichen Schadensersatz zahlt oder die eigens aufgebaute hehre Sportjustiz der Justiz der Staaten unterwirft und damit opfert, da werden Bach, Blatter und Konsorten dem zuständigen Verband schon flüstern, was zu machen ist, notfalls auch mithilfe eines größeren Zuschusses. Wenn die Süddeutsche am 31.01.2015 meint, der DOSB sei auf Seite von Pechstein, dann ist das dumm und gefährlich. Der DOSB ist auf Seiten der Sportjustiz. „Ein Vergleich mit der Pechstein muss her, koste es, was es wolle!“ so lautet dort der Schreckensruf, „nie und nimmer darf das OLG-Urteil rechtskräftig werden!“  

Prophetie ist immer schon die Fähigkeit gewesen, Wahrscheinliches zu erkennen, die Priester der Pythia konnten das. Also wird ein Vergleich mit Frau Pechstein geschlossen werden, der zwei für sie günstige Regelungen enthält, erstens die Aufhebung der Sperre im Nachhinein, zweitens eine Schadensersatzzahlung. Aber auch der Verband erhält eine günstige Klausel: Frau Pechstein nimmt die Klage, die gegenwärtig beim BGH anhängig ist, zurück bei voller Kostenübernahme durch den Verband. (Oder, wenn das zu offensichtlich ist: Klagerücknahme und Kostentragung durch Frau Pechstein, jedoch ist der Schadensersatz entsprechend erhöht worden.)

Was lernen wir daraus? Nichts, wie immer. 

Die Bundesregierung ist im Einvernehmen mit den führenden Autoherstellern der Ansicht, dass der Wirtschaft ihre Justiz nicht genommen werden soll, diese soll sogar berechtigt sein, künftig „STAATLICHES UNRECHT DURCH UNGÜNSTIGE GESETZGEBUNG“ ahnden zu können, sprich ungebremste Zustimmung zu TTIP.

Bevor Pantalone mault, stellt Dottore fest, der letzte Absatz ist wichtig, auch wenn es keine Bilder gibt!

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