Montag, 2. Februar 2015

Carlo Pantalone e Carlo Dottore

Wer heute, Sonntag, den 1.02.2015, sich in der FAZ-Online umschaut und dabei – wie Dottore traditionell – danach guckt, ob von Greser & Lenz etwas Neues da ist, sieht ein kleines Bildchen, klickt er darauf, zeigt die Vergrößerung überraschend etwas anderes, nämlich das:


Damit nun denjenigen, die mit der Welt der Bilder im Netz nicht so vertraut sind, das Verdeckte sehen können, hat Pantalone sich der geringen Mühe unterzogen und das getilgte Bild rekonstruiert. Wir wollen nicht die Welt der Selbstzensur!


Zum Ganzen ist auf mehreren Ebenen zu bemerken:

1.
Dottore findet Fassenacht spätestens seit dem Zeitpunkt Scheiße, nachdem ihm folgende Begebenheit erzählt wurde: Im Kärtner Seegebiet lag ein Hotel, in dem ein Zahnarzt und ein Dachdecker aus Mainz ihre Sommerferien zu verbringen pflegten. Statt sich zu erholen, wetteiferten sie darum, sich bei den anderen Hotelgästen ob ihres sonstigen Treibens beliebt zu machen. Der Zahnarzt dichtete, der Dachdecker sang. Aber auch zu gemeinsamen Auftritten waren sie trotz ihrer Konkurrenzsituation bereit. Bei einem solchen Sketch sagte der eine: „Isch hatt so weisse Streifen in de Unnerhos. Isch habs untersuche losse, de Arzt secht, ich hätt Zucker!“ Erwiderung: „Dann hab isch Zimt!“ 

Genau dieses Niveau haben Greser & Lenz mit ihrer fingierten Fassenachtsrede vorzüglich getroffen.

2.
Der Drang, über tabuisierte Themen Scherze zu machen, zeugt von unbewältigten Kindheitstraumata. Kleineren Kindern kann man mit Scherzen über Fäkalien Freude entlocken, wer das mit 15 Jahren noch braucht, ist behandlungsbedürftig. Ähnliches gilt für den sich witzig wähnenden Umgang mit Sexualität. Über jeden Teil des menschlichen Daseins sind Scherze erlaubt und genehm, wer sich in Zoten suhlt, dessen Ehefrau kann man sich anlachen, wenn sie denn attraktiv genug ist. Wer ununterbrochen glaubt, über etablierte Religionen seine Witze machen zu müssen, dem hat entweder der Pfarrer als Ministrant in die Hose gegriffen oder er hat sonst das Erwachsenwerden nicht bewältigt. Im Übrigen sei er darauf verwiesen, dass die Ersatzreligionen der westlichen, sich säkular gebenden Welt, Geld, Esoterik und andere Fetische, viel lächerlicher sind. Jedoch würde man mit Scherzen darüber möglicher Weise tatsächlich Nachdenklichkeit bewirken. Der vögelnde Pfarrer nötigt Dottore kein Lächeln ab, aber die den Bachblüten und der Ayurvedakultur verfallene Direktorsgattin vermag schon, ein leicht ironisches Schmunzeln hervorzurufen.

Die Karikatur wendet sich gegen den Integrationswahn dieser Gesellschaft, gegen die Ignoranz Vieler, die den Beginn des Verschwindens ihrer mühselig errungenen Selbstverständlichkeiten nicht sehen wollen, gegen eine verkommene Form einer Religion, die den Prozess der Aufklärung noch nicht geleistet hat.  

3.
Wenn die Pressefreiheit nur das schützen würde, was vernünftig oder anerkannt ist, dann hätten wir die Zensur oder fast leere Zeitungsblätter. Die Freiheit besteht (fast) unbeschränkt, selbst wenn man den jeweiligen Inhalt für unrichtig hält. Darum haben Pantalone und Dottore beschlossen, ihr Fandasein als Verehrer von Greser & Lenz auszuleben und das zu zeigen, was die FAZ sich nur ein klein bisschen traut, etwas zu wenig, um sich von der Gratisfurcht amerikanischer Blätter abzuheben. Journalistisch gesehen ist es einfacher, über die Stadt Hanau spöttisch zu berichten, denn selber Schneid zu haben. 

Nachtrag:

Tandem, ein Blick heute (5.02.2015) in das gleiche Journal zeigt, die Kleingläubigen und Ängstlichen haben nicht gesiegt, es ist die Karikatur in voller Größe anzusehen. Na, das ist doch was!


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