Dienstag, 3. April 2012

Preußisches Pre- und Postpaid

1939: der Leiter des Postamtes Stettin will von dem Dienstapparat ein Privatgespräch führen, da er aber ausreichend alimentiert ist und es sich nicht gehört, das Diensttelefon unbezahlt privat zu nutzen, hat er vorgesorgt: Damals war die Post noch eins, also sowohl ein Post- wie Fernmelde -betrieb. Daher hatte er beizeiten einen Block mit 7-Pfennigmarken gekauft, von denen er nach dem Gespräch eine nahm und zerriss. Damit war zum einen die private Nutzung des Diensttelefonats abgegolten, zum anderen aber war dies ohne jeglichen Aufwand geschehen, keine Verbuchung in welchem Haushaltstitel war notwendig. Preußisch sein bedeutete nicht nur Korrektheit, sondern barg in sich auch das Ersparen bürokratischen Aufwandes.

1980: der Präsident des Landgerichtes erhält die Einladung zu einer abendlichen Veranstaltung der örtlichen Sparkasse, die an ihn in seiner Funktion als Leiter des Gerichtes gerichtet ist. Er nimmt teil, wobei er von zu Hause zur Sparkasse fährt, 4 Kilometer hin und 4 Kilometer zurück (nein, diese drei Pfennig durfte der Bub sich nicht behalten, Franz-Josef!). Die Fahrt war zweifellos dienstlich begründet, daher soll sie erstattet werden. Also füllt der Präsident handschriftlich eine Reisekosten-abrechnung aus, es errechnet sich ein Betrag von 2 Fahrten Mal 4 Kilometer Mal 0,36 DM, so schuldet die Staatskasse diesem Mitglied des Hessischen Verfassungsgerichtes 2,88 DM. Nun legt er die Reisekostenabrechnung der zuständigen Rechtspflegerin vor (die sie unter Verletzung des Dienstgeheimnisses Dottore zeigte). Diese genehmigt sie, woraufhin sich der Präsident – wiederum in seiner Dienstzeit – zur damals noch Barzahlung vornehmenden Gerichtskasse begibt, sich dort 2,88 DM auszahlen lässt, um sich anschließend dem zu widmen, was das Land Hessen wohl von ihm erwartet. Die Barauszahlung soll, so der Präsident wörtlich gegenüber der Rechtspflegerin, ihm ersparen, bei der örtlichen Sparkasse, wo er sein Konto unterhält, die Postengebühr in Höhe von 0,50 DM berappen zu müssen, die im Falle einer Überweisung anfiele.

O TEMPORA O MORES!

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