Mittwoch, 28. Dezember 2011

Darum war die DDR ein Unrechtsstaat!

Nach Max Weber (freies Zitat) kann man zur Erläuterung einer Ansicht entweder das Thema abhandeln oder aber ein Beispiel erzählen. Die erste Variante wäre langatmig, also wählt Dottore die zweite.

Erfurt ist seit jeher die Stadt des Gartenbaus und der Pflanzkultur gewesen, so auch in der Zeit zwischen 1949 und 1989. In ihr lebte ein Mann, der in seiner Diplomarbeit sich mit Bodenverbesserung beschäftigt hatte. Nun strebte er offenbar trotz seiner Berufstätigkeit zu höheren Ehren und wollte über das Thema seiner Arbeit auch promovieren, was ihm erlaubt wurde. Als die Arbeit über die Bodenmelioration fertig war, fiel einem wachen Geist auf, dass die Arbeit solch tiefe Erkenntnisse enthielt, die auf keinem Fall dem Klassenfeind in der Bundesrepublik in die Hände fallen dürften; also wurde die Doktorarbeit zum Staatsgeheimnis erklärt. Dies bedingte, dass man dem frisch gebackenen Doktor auferlegte, alle Exemplare der Arbeit abzuliefern. Dies tat er auch, nur, von seinem Baby trennt man sich ungern, also behielt er den 7. Durchschlag und versteckte ihn auf dem Speicher seines Hauses.

Nach den üblichen zwei Jahren kamen Mitarbeiter des Stasi, durchsuchten das Haus und fanden das unterschlagene Exemplar. Klar, das musste geahndet werden. Dass man aber den armen Doktor der Agrarwissenschaft zu 13 (in Worten: dreizehn) Jahren Gefängnis verurteilte, das eben macht die DDR zum Unrechtsstaat.

Pantalone kontert, auch in den USA könne es solche Urteile geben.

Dottore antwortet, ich will hier den Natopartner der Bundesrepublik nicht beurteilen, aber meine Haltung zu ihm kannst du daraus ersehen, dass ich nie dorthin wollte.

Aber du kannst doch nicht, die DDR zum Unrechtsstatt erklären und gleichzeitiges Unrecht in einem westlichen Land unkritisiert lassen.

Die Welt ist bei schon etwas genauerer Betrachtung äußerst widersprüchlich, aber weil wir dabei sind, will ich dir mal etwas Widersprüchliches von mir selbst erzählen: Im Wintersemester 1963 wetterte Bettermann, so ein erzkonservativer Staatsrechtslehrer an der FU, in seinen Vorlesungen gegen die Gespräche der Postbeamten aus West- und Ostberlin, die dann zum Passierscheinabkommen führten. Dabei war seine unbeirrbare Haltung damit verknüpft, dass die DDR kein Staat sei, wogegen neben anderen auch ich argumentierte. Kam ich dann an die „Staatsgrenze der DDR“ und musste an einem Schalter, der im Inneren verhängt war, meinen Personalausweis unter diesem grauen Vorhang einschieben, der dann von einer der unsichtbar bleibenden Hand ergriffen wurde, dann dachte ich angesichts der kafkaesk zu nennenden Situation: SBZ, ganz so wie die Springerzeitungen. Denn im Prinzip war die DDR kein Land, in dem eine sozialistische Revolution neues Denken entfacht(Iskra!) hatte, sondern ein Staat, der durch die Übernahme zaristischer Despotie verquickt mit bürokratischem Sozialismus geprägt war. Dies umfasst auch nicht einen parteiischen, sondern eben willkürlichen Umgang mit der kulturellen Errungenschaft, die man Recht nennt.

Pantalone mault weiter, aber dieser Post hat keine Bilder.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen