1.
Horst Tappert hat nicht nur im
Film den Chef der Bande gespielt, die den legendären Überfall auf den Postzug
organisierte, er gehörte auch in der Realität einer Gruppierung an, die nun
wirklich für unrichtiges Handeln sprichwörtlich geworden ist. Das hat in
Deutschland lange gedauert. Amerikanische Rechtsvorstellungen mitsamt der
amerikanischen Prozessordnung haben es den Deutschen jahrzehntelang ermöglicht,
den Nürnberger Prozess als Siegerjustiz abzutun. Jedoch, wenn zuvor keine
deutsche Justiz sich mit den Verbrechen beschäftigte, dann müssen es eben die
Sieger tun. In diesem Verfahren war die SS insgesamt, mit Ausnahme der Reiter
SS und des Lebensborns, als verbrecherische Organisation verurteilt worden. Das
sagt nichts aus über ein Mitglied dieser Organisation, zumal einer
Untergliederung, der Waffen SS, diese bestand aus Kombattanten, war jedoch
zumindest für Kriegsverbrechen berüchtigt. Da Schuld nach
kontinentaleuropäischer Ansicht eine personelle Eigenschaft ist, müsste dem
„Ehrenkommissar“ vorwerfbares Handeln zumindest nahegebracht werden können, was
bei der sowieso dilatorischen Behandlung der Untaten der Nazizeit durch die
Justiz wohl kaum möglich sein wird. Die Jahrzehnte währende Verdrängung hat nun
– zugleich mit zwei Generationenwechseln – dazu geführt, dass alles, was in die
Epoche 1933 bis 1945 fällt, verdächtigt wird.
Man kann allerdings genauso
wie auf die Fresse auch auf den Hinterkopf fallen. Wie faschistisch kehrte
beispielsweise der Straßenfeger Ferdinand Kunze die ihm zugeordneten
städtischen Verkehrsflächen? Was war das zutiefst faschistische seiner
Kehrweise? Die aufsehenerregende Arbeit über die „Straßenreinigungskultur 1933
bis 1945“ hat uns darüber die Augen geöffnet. – Dass wirklich in den Köpfen der
Historiker Fragwürdiges haust, dafür gibt der ansonsten doch so verständige Ian
Kershaw ein Beispiel ab: Er zeigt bares Unverständnis für das Begehren einer
Putzfrau des Polizeipräsidiums in München, die im August 1945 Restlohn für
April 1945 einfordert, der Dreck des Präsidiums ist für sie doch im August doch
genauso wegzuwischen wie im April.
In dem Film „Wir
Wunderkinder“ rief der SA-Mann: „Es
brechen neue Zeiten an!“, antwortete der Toilettenmann „Jepinkelt wird immer!“ Wer 1949 nicht den Schneid gehabt hat, allen
Oberlandesgerichtspräsidenten und Generalstaatsanwälten des Dritten Reiches die
Titel und Pensionen abzuerkennen,
weil sie die Euthanasie folgsam nicht verfolgten, gar Jahre später die
entsprechende Ermittlungsakte verschwinden ließ, der darf Horst Tappert nicht
ungeprüft den Ehrenkommissar streitig machen.
2.
In fremden Ländern herrschen
oft Illusionen über die Aufgabe des amerikanischen Präsidenten. Ist ein
Kandidat nicht ganz so rechts gewirkt, so wird er sogleich als liberal gepriesen,
Dottore hat seinerzeit schon die Begeisterung für Kennedy nicht geteilt. Zu
Recht, war er es doch, der den Vietnamkrieg erst richtig entfachte. Ähnlich
waren diejenigen, die den Friedensnobelpreis vergeben, im Wahljahr des
gegenwärtigen (Wieder-) Amtsinhaber besoffen von der Wahlpropaganda und hielten
das Gesäusel im Wahlkampf für das Programm des Präsidenten. Selten ist die Welt
so getäuscht worden. Weltweite Tötung von Menschen, die im Arkanbereich zu
Feinden erklärt worden waren, sind ebenso „legal“, wie das ununterbrochene
Abhören der gesamten Menschheit, soweit sie durch Netzwerke kommuniziert.
Der Nobelpreis wäre von
Obama, hätte er nur eine Spur des Anstandes, den man ihm andichtete, umgehend
zurückzugeben. Wenn er das nicht möchte, dann kann er den Preis teilen, um die
eine Hälfte an „Big Brother“ wegen dessen Überwachungsfähigkeiten, die andere
an Josef Stalin wegen dessen paranoider Verfolgungspraxis weiterzureichen.
3.
Das Elbtal hat wegen einer
Brücke, die der entsprechenden Kommission missfallen hat, den Status
Weltkulturerbe verloren. Nun gibt es im deutschen gar kein „das Erbe“, sondern
nur den Nachlass, aber das ist eine andere Geschichte. Grundsätzlich ist daraus
zu lernen, dass man derartiger Auszeichnungen verlustig gehen kann.
Seit Jahrzehnten steht ein
Zelt über der Stelle, an der sich einst der relativ gut erhaltene Tempel des Apollon
Epikurios erhob. Das Zelt schützt seit Anbeginn jedoch nicht den Tempel,
sondern einen großen Portalkran, mit dem die Verantwortlichen den Tempel spielzeugartig
auseinandernehmen und nach ihrem – natürlich streng wissenschaftlichen –
Gutdünken wieder zusammenpuzzeln wollten. Im Zelt ist trotz der Abdeckung alles
mit Flugrost bedeckt, der vom Kran stammt, außerhalb des Bauwerks verrotten die
Haltegurte und anderen Aufbewahrungsutensilien. Die Steine draußen nehmen es
gelassen, die im Innern träumen von einer leichten Rötung, so, als kämen sie
vom Pentelikon.
Nun hat Griechenland
sicherlich anderes zu bewältigen als die Wiedergutmachung einer von Anfang an verwerflichen
Anastelosis. Jedoch ist der Status des Bauwerks als Weltkulturerbe nicht nur
zum gegenwärtigen Zeitpunkt, sondern schon seit Jahrzehnten anrüchig. Er ist
abzuerkennen, wobei damit nicht ausgeschlossen wäre, ihn zu gegebener Zeit wieder zu
verleihen. Zumindest der Flugrost wäre abzusaugen, das schreckliche Zelt
einzupacken, der Kran abzubauen, die versetzten Säulen zu stabilisieren, das
kann auch ein marodes Hellas machen.
„Nun hast Du zwar genügend
Bilder verwendet, aber es sind doch recht unterschiedliche Größenordnungen
vorhanden. Ob Tappert „Honorarkommissar“ bleibt oder nicht, ist gemessen an den
Allmachtsrealisierungen eines Obama doch unerheblich. Auch mit dem rostbesäten
Tempel kann die Menschheit weiterexistieren. Ich finde, das kann man nicht in
einem Post abhandeln!“
„Wahrscheinlich hast Du
recht, aber das wunderbare Wechselbild von Obama/Bush hat mich dazu gebracht,
einige schon seit längerem dräuende Gedanken niederzuschreiben, auf neudeutsch
sagte man dazu „verschriftlichen“, was ein scheußliches Wort bleibt, selbst
wenn der andere Nobelpreisträger G.G. es benutzt hat.“
„Du lenkst wieder ab, aber
ich merke, Du weißt es schon selber.“
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