Das Schleifen des toten Feindes mag in irgendeiner grauen Vorzeit üblich gewesen sein, aber schon im 7. Jahrhundert vor Chr. ist es letztlich für Homer ein überwundenes Verhalten. Er schildert das Verhalten des stärksten und schönsten Helden der Griechen vor Troia in Il. XXIV 12 ff. so:
„Die Frühe fand ihn (Achilleus), sobald sie erschien und Küste und Meer überglänzte. Wenn er die flinken Rosse sodann geschirrt an den Wagen, band er den Hektor fest am Sitz hinten zum Schleifen; dreimal zog er ihn dann um das Grab des Menoitossohnes, ruhete wieder im Zelt und ließ den anderen liegen, draußen im Staube vornübergestreckt. Indessen Apollon schützte vor jeder Mißhandlung den Leib, erfüllt von Erbarmen, …“ (Nach der Übersetzung von Rupé).
Darstellung der Schleifung des Hektors durch Achilleus auf einer Hydria aus der Leagros-Gruppe
Den Körper des getöteten Feindes als Trophäe zu behandeln, ist aber nicht ein Atavismus, sondern leider auch Teil heutiger Kriegsführung. Seit langer Zeit wird der Erfolg einer militärischen Unternehmung in den USA anhand genau festgestellten Zahl der gefallenen Feinde gemessen, dem Bodycounting.
Leiche des Häuptlings Big Foot nach dem Massaker am Wounded Knee
Zum Zählen wurde offenbar auch die Leiche eines gefallenen Vietnamesen an einen Schützenpanzer gebunden, um sie zum Halali-Platz zu bringen, weil man ansonsten damit den Panzer versaut hätte.
Wie anders ist dagegen das Verhalten des Mob in Somalia zu werten, der wie völlig wild geworden seine Wut an einem toten Pilot eines US Hubschraubers auslässt. Kein Bodycounting rechtfertigt dieses Handeln, es ist nun wieder auf die Stufe des Archetypus herabgestürzt.
In Afghanistan soll wieder Bodycounting stattfinden? Dann ist das eben wieder kulturell höher stehend! Wie fand schon ein Kritiker des Strafgesetzbuches im 19. Jahrhundert: „Ob es sich um einen Ehrenhändel oder um eine gemeine Messerstecherei handelt, entscheidet einzig die Länge der benutzten Stichwaffen.“
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