„Wenn Du schon so lange
geschwiegen hast, werter Dottore, was hast Du denn in der Zeit in Griechenland
gemacht?“
„Es war eine Rundreise zu all
denjenigen Stätten der Antike und der eigenen Lebensgeschichte, die ich seit
nunmehr 55 Jahren aufgesucht habe und haben wollte.“
„Dann zeige doch etwas davon,
mal sehen, was Du von mir gelernt hast!“
„Unverfroren bist Du, als
hätte ich vor Deinem Erscheinen in meinem Leben nicht schon fotografiert!“
„Unbestreitbar hast Du Dich
gesteigert, warum, magst Du leugnen, kannst das auch gar nicht zugeben! Aber,
es sei Dir geschenkt. Nun zeig´ schon die Bilder, von mir aus mit Deinen
Kommentaren, die Du für tiefsinnig erachtest!“
„Was habe ich bloß in meinem
Leben so falsch gemacht, dass ich Dir ausgeliefert bin?“
Jedes Mal im Museum von
Delphi schwankt Dottore zwischen dem Saal mit den Relikten des Schatzhauses der
Siphnier und dem Raum, wo der Wagenlenker steht. Diesmal nun war er wieder mehr
bei ihm.
Wagenlenker in Delphi
Wenn Dottore es sich recht
überlegt, so ist er im Grunde nur wegen des Hotels nach Delphi gefahren, alles
andere war eine bekannte, aber höchst willkommene Beigabe. Besonders hat er
sich diesmal die Reste des Athenatempels angesehen, der zwei Mal durch
Felsstürze beschädigt wurde, zuletzt 1904. Manche wiederaufgebauten Ruinen sind
einem ans Herz gewachsen, sie gehören zum Kanon der tiefverwurzelten Bilder,
wie hier die Tholos im Athenaheiligtum.
Gebälk der Tholos im Athenabezirk
Im Grunde können sich die
Griechen gar nicht genug bei den Türken bedanken, dass sie 500 Jahre im
Osmanischen Reich gelebt haben. Bis man heute nun für die miese Situation immer
„Märkell“ sagen kann, war es die andere Ausrede: Turkokratia! Bloß nicht für
das eigene Leben selbst verantwortlich sein! Dabei hat die Herrschaft der
Osmanen auch Positives beschert, hier nun die von dem kappadokischen Meister Sinan
erbaute Moschee in Trikala.
Kuppel der Sinanmoschee in Trikala
Ganz in der Nähe stehen die
teilweise aus Spolien errichtete Kirche der Porta Panagia und eine fein
geschwungene Brücke über den im Frühjahr grünen Portaikos. Die partielle
Leugnung der Vergangenheit findet auf beiden Seiten der Ägäis statt. In der
Türkei wird selbst an klassischen Stätten vermieden, „Griechen“ zu erwähnen, in
Griechenland wird auch gerne ausgespart, dass eben die Türken etwas gebaut
haben. In einer Generation wird es überwunden sein. Für diese Zukunft also sei
geschrieben: Es ist eine türkische Brücke.
Brücke bei Pyli
Leider stehen die Gerüste
schon seit Jahren in der Georgskirche in Thessaloniki. Das Bauwerk durfte sich
Unterkaiser Galerius bauen, nachdem er einen der vielen Feldzüge Roms gegen die
Parther diesmal siegreich beendet hatte. Es bildete mit dem riesigen Tetrapylon
an der Via Egnatia und einem Palast ein Ensemble. Galerius kommt wie sein
Gönner Diokletian bei den antiken Historikern nicht so gut weg, die schon zu christlich
infiziert waren. Dabei hatte er kurz vor seinem Tod noch das Toleranzedikt von
311 erlassen. Er wurde in der Nähe von seinem Ruhestandspalast begraben, wo Dottore
auch einmal hin möchte; aber Serbien ist als Reiseland gegenwärtig nicht sehr
beliebt, außer bei Handke, aber auf den kommt´s nicht an.
Kuppel der St. Georgskirche in Thessaloniki
Die große Basilika in
Philippi steht unmittelbar neben einer spätantiken Latrine, man sorgte sich um
die Geselligkeit. Es gibt aber noch weitere byzantinischen Ruinen dort, auch
ein liebenswertes Museum erfreut den Besucher. Bei dem Kapitell haben die
Rhomäer wieder einmal Kunst mit Kunstfertigkeit verwechselt; ist es höchst
beachtlich, Stein mit dem Bohrer so zu behandeln, dass wie beim Diatretglas eine
Schicht durchbrochen über dem Material schwebt. Die virtuose Handhabung eines
Werkzeugs hat nicht die zwangsläufige Folge, dass dadurch der Menschheit etwas
Besonderes gegeben wird. So ist die komplizierteste Armbanduhr (mit 36
Komplikationen) ein Ausbund an Scheußlichkeit. Das Kapitell sieht mit seinen
Akanthusblättern angenehm aus, ihre äußerliche Hohlheit drängt dazu, über
innere nachzudenken.
Kapitell der Basilika B in Philippi
Am besten halten sich
Tonscherben, die keiner mehr will; bei Stein sieht es schon schlechter aus, zu
einfach ist es, aus alten Häuser Steine für neue zu klauben; Metall ist in
Zeiten mangelnder Infrastruktur (so in der Nachantike) viel zu wichtig, als man
es unbearbeitet in den Ruinen beließe; Holz wird immer gebraucht, schon weil
man bisweilen sonst fröre. Lediglich in Nordafrika und an einigen Türen hat
sich Holz aus der Antike erhalten. Und hier in Amphipolis! Denn die zahlreichen
Stümpfe sind aus Holz (gewesen), ihr Erhalt ist einer Metamorphose zu
verdanken; um eine Brückenrampe zu fundamentieren, hatte man sie ins Ufer
gerammt. Aus dem kalkreichen Wasser des Strymon sammelten die Zellen der Balken
so viel des Kalkes an, dass sie versteinerten. Der vergänglichste Teil der
Brückenkonstruktion hat somit eine längere Existenz als das feste Bauwerk
darüber. Mal sehen, was von unserer Welt in 2300 Jahren noch sichtbar übrig geblieben
sein wird.
Holzstümpfe der Strymonbrücke in Amphipolis
Quer durch die östliche
Halbinsel Athos ließ der vorsichtig, bis fast ängstlich zu nennende Xerxes
einen Kanal graben, sollte seine Flotte doch nicht wie die seines Vorgängers am
Berge Athos scheitern. Wie so viele der Einzelheiten des Geschichtchenerzählers
Herodot wurde auch dies nicht geglaubt. Fahrt hin, ihr Zweifler, es ist nach 2600
Jahren noch eindeutig der Xerxeskanal zu besichtigen! An der engsten und
zugleich niedrigsten Stelle der Halbinsel, ein wahrlicher Isthmus, kann man an
der Südseite deutlich den menschlichen Eingriff erkennen. Zwischen den Felsen
im Vordergrund und dem Felshügel am rechten oberen Rand mündete die Athos-Umgefahrung-Wasserstraße
des Meders.
Südende des Xerxeskanals
Diese Smaragdeidechse ist das
bemerkenswerteste in Olynth. Zwar hatten die Olynther eine nach hippodamischen
Muster geplante Stadt errichtet, aber sie waren nicht die Freunde Philipps II,
er ließ ihre Ansiedlung zerstören. Die Vernichtung der Überbleibsel gelang den
Griechen in den letzten 30 Jahren: Auf den zugegeben spärlichen und niedrigen
Grundmauerspuren schichteten sie mehrere Lagen dicker Kiesel mit festem Mörtel
verfugt. So kann man heute noch allenfalls ahnen, was aus der Vergangenheit
übrig blieb; das ungeschlachte Vorhaben der Gegenwart lastet unsäglich auf den
Spuren der Antike. Die Erben großer Vorfahren sind eben nicht eo ipso befähigt,
den Nachlass zu wahren. Die Eidechse war noch wintersteif, die Sonne hatte sie
noch nicht genug erwärmt, so konnte sie der Zudringlichkeit des Fotografen nicht
entfliehen.
Smaragdeidechse in Olynth
Bibelworte sind häufig
trostreich und mögen auch ansonsten nützlich sein, ob sie allerdings
Archäologen bei ihrer Arbeit als Leitspruch dienen können, ist doch mehr als
fraglich. Das Bibelwort (bei Matthäus und Lukas) „wer da suchet, der findet“
hat schon Schliemann in die Irre geführt. Wie so oft, wünscht man diesem
Berufsstand die Findigkeit der Vor- und Frühgeschichtler, nicht die
Bestätigungssucht der Klassischen Archäologen. Das von Homer und Herodot
erwähnte Totenorakel verleitete den Ausgräber der Stätte zu der sicheren
Erkenntnis, nun endlich das Nekromanteion gefunden zu haben. Wahrscheinlich
handelt es sich um den Keller eines hellenistischen Gutshofes, aber von denen
gibt’s auch nicht viele, die zahlreichen Mühlenreste hätten ihn allerdings stutzen
lassen müssen. Besonders im Sommer ist es angenehm, dorthin abzusteigen.
Baugeschichtlich interessant ist, dass damals eben noch kein Gewölbe gebaut
wurde, sondern – statisch ausreichend – einzelne Bögen, die mit Steinplatten
abgedeckt wurden. Das Runde hat eben den Griechen nicht gefallen!
Die Abgrenzung zwischen
Römisch und Griechisch ist des Öfteren schwierig. Nicht jeder in der Kaiserzeit
im östlichen Mittelmeerraum errichtete Bau ist „römisch“, ihn als
kaiserzeitlich zu bezeichnen ist ein üblicher, jedoch nichtssagender Ausweg.
Aber eine wirklich römische Stadt gibt es in Griechenland, das ist Nikopolis.
Löblich dabei ist es, dass sich die griechische Archäologie mit diesem Teil der
Landesgeschichte doch sehr aufmerksam und kundig beschäftigt. Der römischen
Selbstdarstellungsideologie entsprach es, die Wassermassen strömen zu lassen,
Nymphäen und Thermen sind geradezu Leitbauwerke ihrer Städte. An der großen
Westtoranlage trat die lange Wasserleitung in die Stadt ein, das Tor war mehr
Nymphaion als Wehranlage. Luftlinie 31 km entfernt stehen die Reste dieser
Flussüberbrückung, dort, wo das Wasser des bis dahin gedeckten Kanals nun über
den Louros geführt wird. Ach, sie waren schon großartige Techniker, die Römer, mais
« Ils sont {en peu} fous, ces Romains ! »
Der teredo navalis führt ein
schwieriges Leben, einsam segelt er durch die Meere, immer auf der Suche nach
Holz, was es nun im Salzwasser nicht allzu häufig gibt. Findet er dann welches,
so macht diese Muschel ihrem Namen Ehre, bohrt sich eine Wohn- und Lebenshöhle
in das begehrte Objekt, verschließt sie bis auf zwei Atemsyphons, kleidet die
Röhre weiterfressend mit einer Schale aus, sendet durch gelegentlich sich
öffnende Atemkanälchen ihre Nachkommen aus, die sich an das nahe Holz halten.
Kein Wunder, dass derartig befallenes Holz alsbald wie ein Schwamm aussieht und
seine Festigkeit verliert. Die Frachtschiffe der Antike bekleidete man mit
Bleiblech, aber das war bei den Trieren nicht möglich, sie waren die Sprinter der
Kriegsflotte, mussten für die Beschleunigung zum Rammstoß leicht und für diesen
selbst stabil sein. Also zog man unterwegs am Abend das Boot an den Strand, die
Besatzung war groß genug für das Unternehmen. Aber was machte man im
Heimathafen? Kunstvoll wurden schmale und lange Schiffshäuser errichtet, die
das Holz des Schiffskörpers vor dem Wurm bewahrte, die Schiffe aber so bereit
hielt, dass die Besatzung sie rasch zu Wasser lassen konnte. Fünf Trieren
konnten im Schiffshaus von Oiniadai aufbewahrt werden, die Stadt lag damals am
Meer.
Dieser Stein in der
Stadtmauer des hellenistischen Pleuron zeugt von einem erdgeschichtlichen Vorgang und einem Baufehler
der Antike. Eingeschlossen in den Kalkstein, dessen Schichtung klar erkennbar
ist, sind zwei große Kieselsteine. Diese haben in einem Bach- oder Flusslauf in
langen Jahren ihre Form erhalten, bevor sie eine heftige Flut ins Meer
beförderte, denn dort müssen sie gewesen sein. Richtiger Kalkstein bildet sich
nur im Meer. Unsere quarzhaltigen Kiesel sanken in den Kalkschlamm ab, nahmen
an der Pressung der Materie zu Kalkstein unbeschadet teil, wurden an Land
gehoben und erst durch die menschliche Arbeit im Steinbruch beschädigt. Bei dem
Setzen des Steins in die Mauer wurde dieser nicht plan auf den unteren
gebettet, sondern dessen rechte Seite stand etwas nach oben vor. Als der Druck
durch die nächsten, darüber liegenden Steinschichten zunahm, bildete sich ein
Riss. Da jedoch die Steinmetze wegen dieses Gewährleistungmangels nicht mehr
zu belangen sind, zürnen wir nicht, sondern erfreuen uns an der
Fehlerhaftigkeit der guten, alten Zeit, weil dadurch unsere eigene
Fehlerhaftigkeit sich relativiert.
Das Leonidaion in Olympia ist
nicht nach dem Spartanerkönig, sondern nach seinem gleichnamigen Bauherrn aus
Naxos benannt. In römischer Zeit waren zwei umfassende Renovierungen notwendig,
wenn sie nicht gar Neubauten nahe kamen. So hat sein Innenhof dabei den Wandel
von einem Peristyl zu einem hadrianischen Wasserbecken mitgemacht, ein sehr
komfortabler Wandel. Steht man dort, so erinnert man sich, wie es in Tivoli so
schön barock aussieht. Sind doch die ersten Baumeister dieser Epoche immer
wieder dorthin gefahren, weil sie sich an den geschwungenen Linien nicht satt
sehen konnten. Da verzeihen wir es den Römern, wenn sie bei einem der Umbauten
ein archaisches Ziegelstück vermauerten, das zuvor einen Kultbau geschmückt
hatte.
Bei der Betrachtung von
Kunstwerken ist man immer geneigt, den Kontext zu berücksichtigen, meist als
rechtfertigende Entschuldigung für die Ausgestaltung. Angenehm ist es dann,
diesen Kontext verlassen zu können. Die Bronzegebilde aus Benin brauchen keine
ethnologischen Erklärungen, sie sind schlicht Weltkunst. Ein gleiches Attribut
möchte Dottore diesen verbundenen Doppelstieren zukommen lassen, die ihn im
Museum von Olympia erfreuten. Nicht ihr Alter, gepaart mit Ehrfurcht erklärt
sie uns, sie sind ohne Erläuterung großartig.
Früher ordnete man derartige
Bauwerke dem Mykenischen Kulturkreis zu, heute nennt man sie späthelladisch.
Dies ist schon rein regional sinnvoll, weil eben nicht nur die Argolis mit den
Überbleibseln dieser Epoche versehen ist. Wer sich den Buchten bei Navarino näher
widmet, insbesondere in der reizvollen Bucht des Ormos Voidhokilia baden will,
der kommt an Tragana vorbei. Südlich des Ortes versucht ein genervter Nachbar
des Grundstückes, auf dem das Grab liegt, mittels eines Schildes in mehreren
Sprachen inständig die Besucher unter Verweis auf seinen Hund davon abzuhalten,
dies auf seinem Areal zu suchen. Er hätte besser daran getan, ein präzises Hinweisschild aufzustellen. Eigentum als
Möglichkeit der Abwehr Dritter verdirbt das Denken.
Messene hatte es über
Jahrhunderte schwer, zu stark waren die Spartaner. Erst als diese Antiken-SS wegen
ihrer Eliteverirrung fast ausstarb, konnten die Messenier daran gehen, ihren
Zentralort auszubauen. Von der Bergspitze des Ithome zieht sich die Ansiedlung
hin, unten dichter werdend. Eine lange Stadtmauer umrundet das Ganze. Ganz unten
liegt ein eigenartig gebautes Stadion, dessen im beabsichtigten Zustand der
Unfertigkeit verbliebenen Säulen demonstrieren, die Kannelierung bedarf der
Sonnenstrahlen und des Schattens, um diesem Bauteil seine Plastizität zu geben,
in Mitteleuropa geht das nicht.
Schon um nicht wertvolles
Ackerland zu vergeuden, wurden in der Vorzeit befestigte Sitze der Herrschenden
am Rand der Landschaften erbaut, aus Verteidigungsgründen gerne auf Felsbergen.
So liegt denn auch Medea am Rande der „rossespendenden“ Argolis. Von dessen
Westtor aus sähe man Nauplia, verdeckte nicht der Berg die Sicht, der nahe
Tiryns liegt und wie jeder richtige Berg in Griechenland nach dem Propheten
Elias benannt wurde. Medea ist weniger spektakulär als Mykene, dafür hat man
dort seine Ruhe bei der Betrachtung. Der Blick von Medea aus ist auch wichtig
zur Erläuterung des nächsten Bildes.
Diese Abgrabung ist etwas
besonderes, man sieht es ihr wahrlich nicht an. Das auf einer Felsbarre –
seinerzeit nahe der Küste – liegende Tiryns hatte Schwierigkeiten mit einem
Torrente, einem bei den heftigen Regenschauern stark anschwellenden Bächlein,
das dann ein reißender Fluss war. Zu häufig schon hatte er nach den Regenfluten
die gesamte Umgebung der burgartigen Ansiedlung, insbesondere deren tiefer
liegenden Teile, hoch mit Schlamm und Geröll bedeckt. Da beschloss der um 1250
v. Chr. amtierende Wanax, den von Osten nach Westen fließenden Bach umzuleiten.
Es wurde ein Damm gebaut, seit dem fließt der Bach nach Süden um den Prophetis
Ilias herum, aber die große Zeit der Palastherrschaft in Tiryns war eh vorbei.
Wenn man heute Penteskouphia
liest, dann ist es mit Keramik verbunden, denn unterhalb der Burg lag eines der
Töpferzentren des antiken Korinth, denn gerne siedelte man wegen der
Brandgefahr diese Handwerkerwerkstätten am Rande der Städte an. In den Museen
der Welt werden die Probekacheln gezeigt, meist zeigen sie Szenen aus der
Arbeit der Töpfer. Die Burg selbst bezeugt das erstarrende Denken im
Osmanischen Reich: Vor einer Belagerung legten die Befehlshaber der Osmanen
gerne eine Gegenburg an, die als Rückzugsort bei einem Ausfall und als Standort
diente. Die in früheren Jahrhunderten nützliche Taktiken wurden trotzig immer
wieder verwendet, so die Sultansschanze, aber die Gegner kannten das nun und
waren erfinderisch.
Die unteren Steine der
Festung, die Akrokorinth genannt wird, winken nun schon seit 400 v.Chr. des
Wanders Blicken. Die Lage des Berges oberhalb der Landesenge ist seit eh
strategisch auch zu verlockend. So gingen dann zuerst die Franken, dann die
Venezianer, schließlich die Osmanen daran, die Festung immer wieder auszubauen, jeweils nach den „neuesten
taktischen Gesichtspunkten“. Diese deckten sich des Öfteren mit denen der
altvorderen Krieger. Der Verbund der Mauern übereinander ist schon extrem, die
türkische Kanonenbastion fußt auf einer korinthischen Mauerecke aus klassischer
Zeit, das ist so, als würden wir heute auf einer Mauer weiterbauen, die vor 1500
Jahren errichtet wurde. (Abgesehen von der Tatsache, dass es in Deutschland nur
spärlich Bauwerke aus dieser Zeit gibt.)
Die heutige Stätte Korinth
spiegelt nicht die Bedeutung wieder, die die Stadt Korinth in der Antike bis
146 und ab dem römischen Wiederaufbau gehabt hat. Der zu besichtigende Teil der
Ausgrabung ist winzig, dies gemessen an der Ausdehnung der griechischen, aber
auch der römischen Stadt. Wer offenen Auges durch die Landschaft streift,
findet immer wieder Reste aus der Antike. Die Stadt lag auf einem weiten
Plateau zu Füssen des Berges, den wir Akrokorinth nennen. Hier auf dem Bild ist
die Stadtmauer dieser griechischen Metropole zu sehen, gefügt aus großem,
verwitterungsfreudigen Gestein. Sie bildete schon seit langem eine Kante im
Gelände, was dazu führte, dass sie heute – vor über 2400 Jahren errichtet – nun
die Grundstücksgrenze bildet.
Die Ausgrabungsstätte von
Korinth wird von Menschen aufgesucht, die dort ihrem religiösen Tourismus
nachgehen wollen, weil nämlich Paulus dort nun gewirkt hat. Aus Respekt macht
man dann große Bögen um solche Ansammlungen, aber das lohnt sich. Auf diese
Weise nämlich kam Dottore dicht an einem Depot der hier grabenden Amerikaner
vorbei, wobei ihm ein Lichtblick zuteil wurde. Hinter Draht und Brettern konnte
man die Rekonstruktion des "Adlers" (Pindar, 13. Olympische Ode) erkennen, die der
Zerstörung durch die Römer entging. Ach, betet öfters zu Eurem Gott, wenn
dadurch der Blick auf solche Köstlichkeiten gelenkt wird! Oder, war das
vielleicht das Ergebnis der Gebete?
Der Hera ist immer schlecht
mitgespielt worden, nicht nur dass ihr Gemahl immer fremd ging, sogar einen der
so entstandenen Bastarde wurde nach ihr bzw. zu ihrem Lob benannt. Kein Wunder,
dass die verkniffenen Studienräte bei der irdischen Verkörperung der Göttin,
der nicht minder geplagten Xanthippe, für ihre eheliche Unterdrückung Rache
nahmen, fast genüsslich über beide herzogen. Wenn das die verehrte Frau
Gemahlin gehört hätte. Gegenüber von Korinth haben die Menschen dieser
Stadt Hera jedoch ein liebliches Heiligtum geweiht, so lieblich, wie es im felsigen
Hellas eben sein kann. Vom Meer an steigen die Kultbauten an, diese Zisterne
hat sich bestimmt nur deshalb so gut erhalten, weil sie sich seit ihrer
Erbauung im Erdreich verbarg. Die zum Boden der Zisterne führende Treppe ist
ein Raumsparwunder.
Lang ist die Vorgeschichte
des Kanals durch den Isthmus, kurz seine Bedeutung. Das Kap Malea, seit der
Antike gefürchtet, hat seinen Schrecken verloren; selbst für die kleineren
Schiffe, die angesichts der ansonsten immerzu wachsenden Schiffe ihn noch passieren
könnten, ist er kaum noch attraktiv. Nichts versinnbildlicht den seinen Verlust
als Wasserstraße deutlicher als das Angebot im heutigen Hafen von Korinth,
einen Schiffsausflug durch den Kanal zu unternehmen. Der Durchblick über 16 km
Entfernung zeigt seine fast senkrechten Seiten im Fels des Isthmus und die
verschiedenen Brücken. Heute würde er wohl nicht mehr gebaut.
„Na, da bist Du ganz schön
herumgekommen, warst Du auch in Vergina?“
„Du weißt doch, dass dort im
Museum das Fotografieren nicht nur verboten ist, das Verbot wird auch
überwacht.“
„Also haben Sie Dich
erwischt, he?“
„No Comment.“
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