Dienstag, 8. November 2011

Menschen und Marken

Marken sind im Tierreich wichtig, jeder Hund setzt die seinen, jede am Bein entlang schnurrende Katze markiert. Auch für das Steppentier Mensch waren sie wichtig, er musste sich in seiner Umgebung auskennen, da seine Fluchtreichweite nur ca. 220 m beträgt. Also merkte er sich „markante“ Stellen dort, wo er sammelte und jagte. Aber auch für längere Streifzüge waren geknickte Äste und Steinhaufen notwendig, zumal wenn sich die Landschaft saisonal ändern kann. Diese aus der Frühzeit stammende Errungenschaft wird seit knapp zwei Jahrhunderten ausgenutzt, um ein kritisches Verhalten beim Erwerb von Sachen auszuschalten. Das Sicherheitsgefühl beim Auftauchen bekannter Zeichen wird dazu verwertet, den möglichen Käufer zu überlisten, er kauft nun keinen von ihm geprüften Gegenstand, sondern folgt seinem Atavismus, der ihm Vertrautheit, Geborgenheit vorgaukelt.

Ist aber erst einmal bei dem hochlöblichen Publico die entsprechende Marke gesetzt, kann man das noch lange ausbeuten. Unternehmen wie AEG, Olympia oder Grundig haben vor geraumer Zeit aufgehört, zu produzieren. Gleichwohl trifft man immer wieder auf Ware, die mit dem jeweiligen Signé versehen ist. Der Unternehmensrest verhökert die Benutzung der „Marke“, achtet allenfalls noch darauf, dass die Ware nicht allzu sehr abfällt.

Dann gibt es noch die immerwährenden Klagen der Markeninhaber, die darüber jammern, dass durch „Markenpiraten“ weltweit Milliardenschäden entständen. Dabei rechnen sie falsch, denn es wird der Preis angesetzt, den ihr Produkt bei regulärem Verkauf erzielen würde, den aber der/die Erwerber/in nie zahlen würde. Aber die Staaten sind auf das Lamentieren hereingefallen, Marken werden geschützt, die grundsätzliche Täuschung des Konsumenten ist etabliert.

Ein Fall aus der Erinnerung:

Vor 4 Jahrzehnten betrieb ein Unternehmen, das seine Produkte dadurch kennzeichnet, dass auf das Plastikmaterial zwei Buchstaben und rundliche Sternchen aufgedruckt werden, in der Bundesrepublik nur zwei Verkaufsstellen, andere Händler wurden nicht beliefert. Wenn also außerhalb dieser zwei Läden Produkte mit dieser Marke angeboten wurden, so war man sicher, dass es sich um nachgemachte Gegenstände handeln musste. Dottore lernte auf einem Lehrgang den damaligen Anwalt des Unternehmens in Deutschland kennen, der ihm das vorstehende vermittelte. Dottore könne jeder Zeit Testkäufe machen, man würde dann gegen die „illegalen Händler“ wettbewerbsrechtlich vorgehen. Dottore stimmte zu, bat sich aber als Äquivalent für seine Mühe aus, den indiskriminierten Gegenstand nach Abschluss des Verfahrens zu erhalten, was zugesagt wurde. Nach einem Testkauf dauerte es über zwei Jahre, bis die Tasche eintraf mit folgendem Bericht: Es war sehr schwierig festzustellen, dass die Tasche nachgemacht war (im Sinne des Markenrechtes), da der äußere Bezug von dem Markeninhaber stammte. In Deutschland konnte man daher eine Nachahmung nicht erkennen. In Paris wurde dann festgestellt, dass die eigentlichen Produzenten irgendwo in Südostasien zwar mit genau abgemessenen Material versorgt wurden, dass es ihnen aber doch gelang, soviel abzuzwacken, dass ein kleiner Materialrest entstand, aus dem dann unter der Hand weitere Taschen angefertigt wurden. Der äußere Bezug war original, das Lederfutter war original, die Abmessungen waren original, nur die Verschlussschnalle, die musste nachgemacht werden, daran erkannte man es dann in Paris.

Wir alle aber, längst der Steinzeit entronnen, fallen immer noch auf die Marken herein, die uns zwar nicht in die Irre, aber doch von unserer mühselig erworbenen Ratio wegführen.

Pantalone meint dazu, du hast doch immer gesagt, dass die Produkte von der Firma gut wären. Ja, das stimmt, aber das ist doch nur ein Beispiel!

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