Freitag, 4. März 2011

Ich würde meinen, dass ....

Damit beginnen häufig Personen, die interviewt werden, ihre Sätze. Meinung ist nun schon eine subjektive Sicht der Dinge, die auch bei genügender Zustimmung nie zur Wahrheit werden kann, allenfalls zur „herrschenden Meinung“, als ob die sog. Intersubjektivität mehr wäre als ein gemeinsames Geheule. Aber selbst davon sind die Sprechenden noch entfernt, wenigstens tun sie so. Sie meinen nicht etwas, sondern verschieben ihre Äußerung in den Konjunktiv, so als wäre das Gesagte nicht endgültig, sondern nur unter (welchem?) Vorbehalt zart angedeutet. Diese Art, sich zu äußern, ist bei erster Betrachtung nur kokett und verlogen. Kokett deswegen, weil der Satz inhaltlich vorbehaltslos ausgesprochen wird, verlogen, weil das Gesagte doch real gemeint wird.

Richtig ist dabei die innere, jedoch nicht geäußerte Erkenntnis, dass es dem Sprecher an der Chuzpe mangelt, seine Ansicht als wahr und damit als These auszusprechen. Die Selbstkastration der denkenden und sprechenden Person zeigt, wie sehr sie sich von dem Bild des Bürgers als autonomes Mitglied der Gesellschaft entfernt hat. Auch ohne eine wirkliche Überwachung will der Sprecher, dass er sich konform verhält, als würde ansonsten alles in Akte über ihn aufgenommen, auch ohne eine Stasi. So sieht die installierte Selbstzensur eben aus.

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