Die französische Königin Marie Antoinette war, das ist letztlich unstreitig, ein wenig lebensfremd. Ihr Hang zum Luxus wurde nur noch von ihrer Realitätsverleugnung übertroffen. So war es denn leicht, ihr im sogenannten Mehlkrieg eine Bemerkung anzudichten, die eben von ihr hätte stammen können, aber nicht stammte: Auf die Klage, das Volk habe kein Brot, soll sie gesagt haben „Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie Brioche [ein feines Hefegebäck] essen.“ Also hat man ihr insoweit Unrecht angetan. Gebüßt hat sie für all ihre Gedankenlosigkeiten 1793.
Bevor wir uns der Wiederholung widmen, eine belehrende Zwischenbemerkung, dabei bezieht sich das Belehren nicht auf den Leser, sondern auf die Autorin der Parallele:
Die sich Sozialisten wähnenden Kleinbürger in der DDR erniedrigten Marx zum Hausgott, vom Zeus zum Laren. Da sie aber seine Werke herausgaben, sei daraus zitiert: Marx beginnt seine Schrift „Der 18te Brumaire des Louis Napoleon“ mit den Wörtern:
“Hegel bemerkte irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce. Caussidière für Danton, Louis Blanc für Robespierre, die Montagne von 1848-1851 für die Montagne von 1793-1795, der Neffe für den Onkel. Und dieselbe Karikatur in den Umständen, unter denen die zweite Auflage des achtzehnten Brumaire herausgegeben wird!
Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen. Die Tradition aller toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden. Und wenn sie eben damit beschäftigt scheinen, sich und die Dinge umzuwälzen, noch nicht Dagewesenes zu schaffen, gerade in solchen Epochen revolutionärer Krise beschwören sie ängstlich die Geister der Vergangenheit zu ihrem Dienste herauf, entlehnen ihnen Namen, Schlachtparole, Kostüm, um in dieser altehrwürdigen Verkleidung und mit dieser erborgten Sprache die neuen Weltgeschichtsszene aufzuführen.“
Anzumerken bliebe noch, dass der Neffe zwar nicht im Mindesten so großartig wie sein Onkel war, jedoch kosteten seine Kriege weniger Tote und er hielt sich länger an der Macht.
Aber zurück zur Wiederholung. Eine gewisse Margot H. meint im fernen Chile zu den Erschossenen an der Mauer: „Die brauchten ja nicht über die Mauer zu klettern, um diese Dummheit mit dem Leben zu bezahlen.“ Parallel ist die Weltfremdheit, anders jedoch die Verantwortlichkeit der früheren Ministerin, war sie doch der Ursache des Todes näher als die Österreicherin dem Hunger der Untertanen. Unvergleichlich unverfroren ist die Chuzpe dieser Margot H. Als Erklärung mag der obige Satz von Marx dienen, der ihren Verdrängungsdruck erläutert:
„Die Tradition aller toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden.“
Wenn die Margot H. wirklich an einer Zukunft des Sozialismus interessiert wäre, dann hielte sie von nun an bis zu ihrem Ende schlicht das Maul, ihm entfleucht nur der Gestank der verwesenden Totengräber des bisherigen Sozialismus.
Wenn sich Geschichtchen wiederholen, dann kann sich eine Farce in eine Tragödie verwandeln.
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