Donnerstag, 22. November 2012

3 Sat windschlüpfrig im Trend


Als Dottore vor Jahren beschloss, künftig an der Faszination des bewegten Bildes nicht mehr teilzunehmen, also kein Fernsehen mehr anzuschauen, da hatte er plötzlich pro Tag drei Stunden mehr Lebenszeit gewonnen, die zuvor mit Unzufriedenheit und der Hoffnung auf deren Ende (i.e. Zappen) vergeudet wurden. Nur noch, wenn die holde Gemahlin ruft, dann geht Dottore zum Apparat. Der heutige Ausflug (22.11.2012) dahin endete nach kurzer Zeit, weil berechtigter Zorn in ihm aufstieg.

Bei 3 Sat war ein Film zu sehen, der sich mit dem Schwarmverhalten von Tieren beschäftigte. In der Sequenz über blinde Ameisen wurde die These aufgestellt, kein einzelnes Wesen wisse über die Gesamtheit des (Ameisen-)Staates Bescheid, gleichwohl würde alles geregelt. Bevor die Regelmechanismen – sicherlich eine Pheromonsteuerung – erläutert wurden, verließ Dottore den Sitzplatz. Grund für den wütenden Abbruch war die mehrfach wiederholte, nur Bruchteile von Sekunden dauernde Überblendung von Menschenströmen an Verkehrsknotenpunkten in die Bilderfolge von Ameisengewusel. Selbst ein späterer, vielleicht sogar korrigierender Kommentar über den Unterschied von menschlichem Verhalten zu tierischer Instinktsteuerung vermag den bildhaften Eindruck der Gleichsetzung nicht auszugleichen. Die unterschwellige, zudem immer wiederholte Bildfolge wäre zwar schon in einer Werbesendung unverfroren, aber derartige Meinungsmache in einem sich wissenschaftlich gerierenden Film ist undemokratisch, was bilden sich solche Filmemacher bloß ein? Daran ändert auch der Titel von der „Intelligenz der Masse“ nichts. So verwundert es Dottore nicht, dass Teile des Filmes in den USA gedreht wurden. Solch menschenverachtendes Machwerk wird nun selbst in 3 Sat uns zugemutet. Skobel hin oder her, dem Zeitgeist wird alles geopfert, da hauen auch Kulturzeit oder nano den Karren nicht mehr aus dem Dreck. Irgendwann habt Ihr alles auf RTL-Niveau, aber dort seid Ihr selbst schon angelangt!

Mittwoch, 7. November 2012

Pantalones Griechenlandbilder


„Letztlich kann ich mich Pantalones Ansinnen nicht wiedersetzen, er möchte unbedingt einige seiner Griechenlandbilder vom Oktober 2012 in den Blog gestellt sehen. Dabei wäre es dem Sinn eines Blog entsprechend, wenngleich bislang in diesem eher nicht über die jüngst zurückliegenden Belanglosigkeiten der Autoren berichtet wurde. Aber da er die Bilder von Sebah so schön aufgepeppt hat, soll er doch auch mit seinen eigenen glänzen dürfen, wenngleich hinsichtlich der „alten Photographien“ noch Arbeit seiner harrt!“

„Das gönnerhafte Gebaren dieses bologneser Wichtigtuers ist kaum zu ertragen, dabei ist der Blog an erster Stelle nach mir benannt, was eben schon seinen Grund hat. Aber zu den Bildern: Meine geliebten Panoramen kann ich in diesem Medium nicht zeigen, auch habe ich keine Bilderserien gemacht, also nur ´Bruchstücke einer großen Konfession`; die Diaabende von vor 50 Jahren sollen nicht im Netz wiederholt werden, obwohl man sich leichter abseilen könnte, auch gibt es weder Bowle, noch Salzstangen.“


Nördliche Ante des Poseidontempels in Sounion

Die Begeisterung über Lord Byron hält sich in Deutschland in Grenzen, aber in Great Britain ist der Ruhm des Märtyrers für die Freiheit der Griechen ungebrochen. Er starb im April 1824 in Mesolongi („Mitten in den Lagunen“) vor der eigentlichen Belagerung an Malaria. 


Grottenbauwerk am Kynthos auf Delos

Auch die Griechen liebten die Nostalgie, nicht nur polygonales Mauerwerk war wieder in hellenistischer Zeit beliebt, auch ansonsten gab man sich gerne urtümlich. Und so stammt denn diese Grotte, dem Herakles gewidmet, aus der Ära des Exportes griechischer Kultur.


Außenmauer der Kapelle des Frankenkastells auf Paros in Paros

Die enge Gasse erlaubt im Grunde keine verzerrungsfreie Aufnahme, das Bild der Kollage der Steine früherer Tempel ist selbst zusammengesetzt. Ohne die Möglichkeiten elektronischer Bildbearbeitung, die sich konkret der Bildherstellung nähert, ist das Bild nicht denkbar. An diesem Teil des Bauwerks sind dorische Bauteile verwendet, ganz oben wohl ein hellenistischer Rundbau.


Löwe nahe des Ortes Chora auf Kea

Was den ionischen Bildhauer bewogen hat, aus diesem schiefrigen Kalkstein den Löwen zu hauen, obwohl es doch auf den Nachbarinseln solch berühmten Marmor gab, bleibt ungeklärt. Das fast 6 Meter lange Tier legt etwas flach da, schaut aber zutraulich drein. Ob die nahegelegenen Felsabarbeitungen auf ein Heiligtum schließen lassen?


Musterkapitell im Museum von Epidauros

Ob es wirklich von Polykleitos stammt, sei dahingestellt. Jedenfalls sieht es so aus, als wolle es die von Vitruv geschilderte Entstehungsgeschichte illustrieren, vielleicht aber war Kallimachos vorher in Bassae und hat nur abgekupfert bzw. akanthurisiert.


Die Akropolis über dem Häusermeer Athens

Heute gibt es die Speerspitze der Athene Promachos nicht mehr, die den Seeleuten ab Kap Zoster im Saronischen Golf schon zeigte, wo die Akropolis sich erhob. Trotz des Seeganges musste ein Bild hergestellt werden, dies ist das letzte, was gebilligt wurde, 34 wurden gelöscht. Erschreckend der Abbau alter Bausubstanz beim Parthenon, Anastilosis gerät zum Puzzle.


Einschlagstelle einer Kanonenkugel an der dritten Säule des nördlichen Pterons des Parthenon

Man mag nicht glauben, dass das Geschehen 325 Jahre her ist, so frisch sieht die Verletzung des pentelischen Marmors aus. Ja, ja, die lüneburgischen Artellerieleutnants.


Ansicht eines Fragments des technischen Gerätes von Antikythera im Nationalmuseum

Zu leicht folgt man den Spuren der frühen Archäologen, die nur Kuuuunst in Hellas sahen, waren sie doch alle nur auf Altertum spezialisierte Kunsthistoriker. Dieses Gerät zeigt, auch feinmechanisch hattens die Griechen drauf. Es war wohl ein Kalendarium, hatte verschiedene Anzeigen, die Geozentrik war noch nicht überwunden.


Kapitell vom Schatzhaus der Sikyonier in Delphi

Die Gurkenstädter konnten bodenständig nicht mit der Eleganz der inselionischen Bauherrn  mithalten, jedoch ist dies Kapitell beschwingt, die der dorischen Ordnung nachgesagte männliche Schwere ist ihm nicht eigen.


Ornamentdetail vom Tor des Schatzhauses der Siphnier

Die berühmte Zeusstatue aus Olympia ist wahrscheinlich in Konstantinopel vergangen, aber auch heute gibt es noch einen Gegenstand, dessen Ansicht „einen nie mehr ganz unglücklich“ werden lässt, das Schatzhaus der Siphnier, zuerst im Heiligtum und dann im Museum. Ach, gehet hin und sehet selbst.


Getriebe im Innern der Mühle in Theben

Die berühmte Stadt ist sehr knauserig bei der gegenständlichen Darbietung ihrer Vergangenheit. Aber auch unabhängig davon wird Pantalone von der Technik vergangener Zeiten angelockt, hier von einem großen oberschächtigen Mühlrad außen und den Resten der Maschinerie im Bauwerk.


Megaron A in Thermos

Fast alle Tempel hatten ihre Vorgänger, aber bei keinem kann man es so schön sehen, wie hier in Thermos. Das lange Megaron hat vorne Anten, hier sind die kleinen Mauern zu sehen, die den apsidialen Raum abtrennten. Gepriesen sei, dass hier nicht schon der gleiche Stein wie beim Apollontempel verwendet wurde, dazu anderenorts einmal mehr.


Treppenspuren im Halbrundturm der Festungsmauer in Paravola

Die rechteckig großen Vertiefungen bargen die Ansätze für steinerne Einkragungen zur Stützung der Treppenstufen, die in den kleinen Rechtecken in die Mauer hineinragten, waren diese nun aus Holz oder Stein?


Umgekehrt daliegende, unterste Trommel einer Säule des Zeustempels in Stratos

Ob der vielen Unfertigkeiten allerorten neigt man zurecht der Ansicht zu, sie seien beabsichtigt. Warum sich noch die Mühe der Kannelierung machen, der Betrachter zieht die Kanneluren vor seinem geistigen Auge doch hoch! Aber, Ihr faulen Hunde, die herrlichen Schatten der Kanten im scharfen Licht von Hellas habt Ihr vergessen, das ist doch der Grund, warum Eure Säulen gegenüber den ägyptischen Blunsen so lebendig sind!


Justinianische Stadtmauer in Nikopolis

Der schon in frühbyzantinischer Zeit grassierende Bevölkerungsschwund machte die langen Verteidigungsmauern der Spätantike schwer besetzbar, die Stadt Nikopolis nahm nur noch ein Viertel der ursprünglichen Fläche der Ansiedlung ein. So wurde aus dem Kreis der alten Stadt ein Viertel abgetrennt, dies ist ein Abschnitt einer der beiden radialen Mauern.


Bergstraße in Kassope

Ein sich leicht einschleichender Fehler in der Betrachtung alter Gegenstände ist die Robinsonade, also die Projektion gegenwärtiger Alltäglichkeit in die Vergangenheit. Das verdienstvolle Projekt, sich mit dem Wohnen des antiken Menschen zu beschäftigen, wird bisweilen dadurch belastet, sehr zur Freude der Gewandfältler, die sich dann darauf stürzen. Im Jahre 300 vor Chr. gab es noch keine Bausparkasse, gleichwohl gelang dem Wortführer dieser Forschungsrichtung ερυϑρερημος für die hippodamische Betrachtungsweise zu begeistern, wenngleich der verabsolutierte Gedanke der  Isonomie den Schwaben wohl kaum geschmeckt hätte.


Restaurierungsarbeiten im Theater von Dodona

Wenn einmal im Jahr bei den Festspielen das Theater benutzt wird, dann braucht man doch die einzelnen Sitzreihen nicht so tief im Felsen gründen, dachten sich die Thesproter, zudem werden wir sowieso von den Molossern vertrieben, also was soll´s. Nun haben die Griechen die Last mit schwierigen Restaurationsarbeiten.


Stadtmauer mit Brüstung und Ausfalltor in Oiniadai

„Ich muss es gestehen, statt sich der Ruinen auf der nördlichen Straße zu nähern, um dann die berühmten Werften und das Theater zu sehen, bin ich auf der südlichen Straße dorthin gefahren. Die Stadtmauer ist sicherlich schön getroffen, aber die Stätte ist äußerst weitläufig, so habe ich nur die urtümelnden Mauern aufnehmen können.“


Unterteilungsmauer mit Öffnung in Zisterne in Pleuron

Der Schlamm und die Steine der Jahrhunderte werden aus der großen Zisterne per Kran entfernt. Der Haken dabei ist, es bleibt unklar, wie die Zisterne zum umgebenden Felsen abgedichtet war, karrt man mit dem Schlamm auch dichtenden Lehm ab? Die Trennmauern halten einen handbreiten Abstand vom Felsen ein. Und dann noch in späthellenistischer Zeit Kraggewölbe!


Ausschnitt der Cavea des Theaters von Kalydon

Man ist geneigt, die allmähliche Einführung der Rundung beim Bauen der Cavea anzunehmen. Weiter unten wird der Richtungswechsel der Sitzstufen noch bouleuterisch in einem Winkel vollzogen, nach oben wird er thorikoisch gerundet. Die Stätte hinterließ den Eindruck unsystematischer Ausgrabung, jeder mal ein bisschen das, was ihn interessierte.


Blick aus der Pension in Korinth

Neukorinth ist ein gar kalter Ort, hippodamisch zu bauen ist heute so kurzweilig wie ohne Pferd. Jenes sich an die Ausgrabung anschmiegende Örtchen ist zwar auch einfach, aber die Blicke auf Akrokorinth und eben auf den Tempel erfreuen den Gast. Da die Stätte früh schließt, die Busse verschwinden, bleiben nur die Einzelreisenden übrig, sie sind für andere Gäste er- , für die Beherbergungsinhaber einträglich, also ein gutes Standquartier.


Becken im Baptisterion in der Basilika in Lechaion

Die über 100 m lange Basilika überstand das erste starke Erdbeben nicht, aber das Baptisterion war danach noch mehrere Jahrhunderte ein spiritueller Ort. Sorgfältig inkrustiert sieht dieses Becken in der Nische wie eine Sitzbadewanne aus. Ob man dort die Kinder tauchte?


Epistyl vom Heraklestempel in Kleonai

Verloren, aber nicht ganz vergessen harrt der Tempel unterhalb der heutigen Ortschaft der Besucher. Sein weicher Stein war verputzt, die wenigen Feinheiten des dorischen Kanons sind abgewittert. Da der Tempel inmitten der Weinberge liegt, werden die Erbauer vorausschauend an Rubens gedacht haben, der den betrunkenen Heros so schön darstellte, nicht so zum Manneken Pis verniedlicht wie in der Antike.
  

Säulentrommeln in Nemea

Wie lange noch kann diese Ruinenromantik der scheibchenweise daliegenden Trommeln dem Ansinnen der Anastilisten sich widersetzen? Ununterbrochen wird am Säulenkranz gehäkelt, statt wie zuvor drei stehen nun schon 9 Säulen aufrecht, in der Steinwerkstatt werden völlig verwitterte Teile des Gebälks in einen Jungbrunnen gesteckt. Was werden die Menschen im Jahre 2062 in Nemea nicht alles sehen können?


Detail des römischen Bades in Isthmia

Im Grunde genommen ist Isthmia so wie Korinth völlig verheert, die oberirdischen Reste sind auf Fußballgröße reduziert. Abseits liegt das römische Bad, dessen Boden im Caldarium verschwunden ist. So ragen nun die lastenfreien Kleinsäulen auf, die ich am liebsten Hypostaten nennen würde, aber sie heißen: römisch pila, französisch pilette de briques, deutsch Ziegelpfeiler, englisch brick pillar, italienisch pilastrino; aber Hypostaten ist schöner.